Donnerstag, 10. April 2014

Oratorische Schwergewichte

Mozart, Voigtländer und Lachenmann im Hochschul-KlangNetz-Konzert

Am Sonntag fand im Konzertsaal der Hochschule das vom KlangNetz Dresden veranstaltete zweite Konzert der Reihe "Einstürzende Mauern" statt. Diesmal erweiterte sich der Besetzungsrahmen auf Werke der Chorsinfonik. Doch die Fortführung des an sich spannenden Gedankens, bezugnehmend auf den Mauerfall vor 25 Jahren die Musik dieser Zeit und ihre Voraussetzungen und Wirkungen zu beleuchten, kam bei diesem Konzert nicht gut zur Wirkung. Das lag vor allem daran, dass mit einer Dirigierprüfung, einer Stipendienverleihung - das Weber-Stipendium ging diesmal an die Pianisten Hyesu Lee und Eva Schaumkell sowie den Komponisten Nicolas Kuhn - und dem Semesterkonzert des Hochschulchores obligate Termine des Institutes mit dieser Reihe verquickt wurden.

Damit musste ein über zweieinhalb Stunden dauerndes Programm verdaut werden, dessen Dramaturgie das Motto der KlangNetz-Reihe nicht wirklich in den Vordergrund der Hörerlebnisse rückte. Andererseits ist man natürlich dankbar dafür, dass die Dresdner Musikhochschule die Musik der Gegenwart in den letzten Jahren sehr selbstverständlich in alle Elemente des Studienablaufes integriert. Im ersten Teil lauschte man aber zunächst der großen Missa in c-Moll von Wolfgang Amadeus Mozart - ein Meisterwerk ohne Frage, aber die Interpretation mit dem sehr stark besetzten Chor (Einstudierung Olaf Katzer) war nicht durchweg überzeugend, da Johannes Dasch am Dirigentenpult die Musik zumeist recht geradlinig formte und trotz vieler schöner Momente - zu denen auch das Solistenquartett mit Romy Petrick, Anna Immonen, Martin Rieck und Martin Schicketanz beitrug - Kontraste und Motivausdeutung nicht intensiv genug wirkten.

Aufführungspraktische Fragen wurden da kaum berührt und der Chor wirkte oft schlicht zu massiv und bunt besetzt - die Schwierigkeiten des immer neu zu startenden Semesterprojektes "Hochschulchor" mögen einleuchtend sein, für den Zuhörer waren sie diesmal im Ergebnis nicht befriedigend. Die Messe sollte einen Widerpart zum zweiten Programmteil mit Lothar Voigtländers "MenschenZeit"-Oratorium bilden. Beide Werke erstrahlen aber in solch starker eigener Kraft, dass sie eigentlich gar nicht nebeneinander programmiert werden dürften - warum hat man sich nicht auf eines der Werke konzentriert?

Dazwischen lag ein mit Helmut Lachenmanns "Notturno" für kleines Orchester mit Cello Solo (Solist: Gilbert Bernado Roig) quasi ein Intermezzo, das trotz ansprechender Interpretation in seiner Ästhetik der "musique concrète instrumentale" etwas verloren für sich stand und es mit diesen "Schwergewichten" kaum aufnehmen konnte. Voigtländers 2007 von der Singakademie Dresden uraufgeführtes Oratorium darf man, wenn nicht als geistliches, so doch zumindest als herausragendes geistiges Werk betrachten, setzen sich doch Komponist und Autor (Eugène Guillevic) hier mit der Wahrnehmung, den Widersprüchen und Vergänglichkeiten der Zeit auseinander. Ein großes, sofort philosophische und humanistische Tiefen berührendes Thema also, für das Voigtländer eine direkte, packende musikalische Ansprache wählte.

In einer Art poetischen Unruhe werden da immer neue emotionale Stürme entfacht - trotzdem gelingt ein Festhalten im Zuhören, da der 1943 geborene Komponist in diesem Trubel die Großform fast als sicheren Ort der Zuflucht im Blick behält und somit verschiedene Sichtweisen durchhörbar bleiben. Ekkehard Klemm wahrte vom Pult aus die Übersicht - in einer manchmal doch die Lautstärkegrenzen des Saales sprengenden Darstellung konnte er sich auf die engagiert mitgehenden studentischen Ensembles ebenso verlassen wie auf ein souverän sprechendes, singendes und auch schreiendes Solistenquartett - neben Julia Böhme, Falk Hoffmann und Carl Thiemt überzeugte vor allem die Sopranistin Romy Petrick, die als Gast einzige auch noch die Doppelaufgabe mit der ebenso ansprechend ausgeführten Mozart-Solopartie auf sich nahm - diese Leistung war außergewöhnlich.

Mit Entdeckerlust und Können

1. Festkonzert zum 20jährigen Bestehen der "Sinfonietta Dresden"

20 Jahre Sinfonietta Dresden - ein "normales" Jubiläum? Sicher nicht, wenn man bedenkt, mit welchen Schwierigkeiten freie Ensembles auf dem Markt in Zeiten knapper Kassen zu kämpfen haben. Die Liebe zum Musizieren im Ensemble trieb die kleine Truppe um Olaf Georgi in den 90er Jahren an - der Enthusiasmus ist geblieben, manche entstandene Sorgenfalte wieder geglättet. Unzählige der oratorischen Aufführungen in Dresden wären ohne das Ensemble nicht möglich gewesen, dazu gestaltete man eigene Konzertreihen und kümmerte sich mit Elan vor allem um die zeitgenössische Musik aus Sachsen und Osteuropa, aber auch die Wiener Klassik blieb eine Konstante im Repertoire.

Insofern glich das erste von vier Festkonzerten, die Sinfonietta Dresden anlässlich des Jubiläums in diesem Jahr gibt, einer klingenden Rückschau, zudem war für dieses erste Programm der Dirigent Milko Kersten eingeladen, der die Arbeit des Ensembles lange Zeit geprägt hat. In der Dreikönigskirche fanden sich viele aufmerksame Zuhörer ein - das Festprogramm bot reichhaltige musikalische Abwechslung. Zu großen Festreden ließ man sich nicht hinreißen, stand doch die Musik im Mittelpunkt - das war bescheiden und sympathisch zugleich, aber eben auch Markenzeichen des Ensembles, deren Programme immer schon so sorgfältig gestaltet waren, dass die Musik selbst zu sprechen imstande ist.

Die erste Konzerthälfte war von Wolfgang Amadeus Mozart bestimmt, hier schon wurde die Entdeckerlust offenbar: Anstelle eines bekannten großen Werkes entschied sich Kersten für sechs "Deutsche Tänze" und zwei Konzertarien und trat danach den lebendigen Beweis an, dass auch vermeintlich mit flinker Feder geschriebene Gelegenheitswerke zu einigem Staunen verleiten können. Dass ein schnöder Achttakter eine Fundgrube zu vielerlei Spielerei und musikalischem Witz sein kann, zeigte Sinfonietta Dresden in den Tänzen vortrefflich. Kersten musste - ein augenzwinkernder Beweis für die Flexibilität kleiner freier Ensembles - im letzten Stück selbst im Schlagzeug aushelfen. Die Sopranistin Marie Friederike Schöder verlieh den beiden Konzertarien "Mia speranza adorata" und "Bella mia fiamma" gehörigen Biss, damit deutlichen Charakter und beeindruckte durch sichere und schön geführte Koloraturen - Orchester und Solistin hatten diese Kleinode sorgsam ausgearbeitet und glänzten sowohl in den leisen Tönen als auch in der sich bis zum letzten Ton steigernden Dramatik von "Bella mia fiamma".

Passend eingebettet zwischen die beiden Arien erschien Silke Fraikins "Grazioso 222" - ein von der Sinfonietta 2008 uraufgeführtes Werk der Dresdner Komponistin, das sich explizit mit der im Titel genannten Ausdruckshaltung mozartscher Musik befasst und in vielfachen Ausfransungen, Abbrüchen und Überlagerungen die bekannte Klangwelt wie in einem Prisma von der heutigen Zeit aus betrachtet. Wiederbegegnen konnte man nach der Pause auch der Musik des 2002 verstorbenen rumänischen Komponisten Tiberiu Olah, mit dem das Ensemble eine besondere Beziehung verbindet. Seine "Sinfonia Concertante" für Flöte, Klarinette und Streicher (Solisten Olaf Georgi und Georg Wettin) zeigt eine sehr eigene Klanglandschaft zwischen auskomponierten Flächen und sich immer wieder ornamentiert steigernden und abebbenden Wellen der beiden fast verschmelzenden Soloinstrumente.

Dass eine Sinfonie von Ludwig van Beethoven den hervorragenden Konzertabend beschloss, machte schon fast Hunger auf eine neue Konzertreihe - denn so wie Milko Kersten die 2. Sinfonie D-Dur interpretierte, wäre man gespannt auf Weiteres. Oft wird dieses Stück gar nicht erst auf das Programm gesetzt und ihm eine fadenscheinige Konventionalität bescheinigt. Wenn aber wie in dieser Lesart die Sforzati im 1. Satz so stechend, der zweite Satz so kantabel und flüssig, das Scherzo differenziert und das Finale schlicht mitreißend musikantisch ausgeführt werden, dann lösen sich diese Vorbehalte schnell in Luft auf. Der in diesem Konzert sichtlich stolz und mit Freude aufspielenden Sinfonietta gebührt Respekt und Glückwunsch für zwanzig Jahre lebendige Musikpflege in der Stadt, davon wird man sich in diesem Jahr bei den drei folgenden Festkonzerten und etlichen weiteren chorsinfonischen Terminen überzeugen können.
Alexander Keuk

weitere Festkonzerte: 20. September, 2. Oktober, 6. Dezember
(siehe Homepage)

Dienstag, 8. April 2014

Einblicke in die kompositorische Werkstatt

Zum 70. Geburtstag: Gesprächsabend mit Wilfried Krätzschmar an der Musikhochschule

Unter dem Motto "Akribie und Leidenschaft, oder: Kunst ist schön - macht aber viel Arbeit" lud die Hochschule für Musik am Dienstag zu einem Gesprächsabend mit dem Komponisten und ehemaligen Rektor des Institutes Wilfried Krätzschmar anläßlich seines 70. Geburtstages ein. Mit dem amtierenden Rektor Ekkehard Klemm saß da nicht nur der Kollege qua Amt als Gesprächspartner auf der Bühne, sondern ebenso der ehemalige Schüler und Komponist, zudem hat Klemm als Dirigent wichtige Werke Krätzschmars wie die "Schlüsseloper" (2006) oder "fragmentum" (2012) zur Uraufführung gebracht.

Krätzschmars Musik stand im Vordergrund der zweistündigen Veranstaltung und mit vielen Komponistenkollegen und Weggefährten im Auditorium bewegte man sich auf mit den Musikbeispielen zwar auf bekanntem Terrain, doch mit den einführenden Worten des Komponisten konnten die Stücke und ihre Aufführungsumgebung gleichsam neu- und wiederentdeckt werden. Zudem gab es wertvolle Einblicke in das Musikleben vor der Wende, in welchem sich Aufführungsbedingungen, ästhetische Diskussion und Rezeption anders darstellten als heute - Krätzschmar stellte aber auch fest, dass die Orientierung junger Komponisten paradoxerweise heute schwieriger ausfallen muss.

Der kurze Exkurs "Wie verhalte ich mich als Komponist in einer Orchesterprobe?" hingegen war von zeitloser Qualität. Nur zu mutmaßen ist allerdings, wie heute das Publikum auf Krätzschmars 1. und 2. Sinfonie reagieren würde - sein sinfonischer Erstling rief 1979 in Dresden einen Publikumsskandal hervor. Beiden auch in Tonbeispielen vorgestellten Werken wäre dringend eine Wiederaufführung zu wünschen, weniger weil etwas aufgearbeitet werden müßte, sondern weil die Begegnung mit Krätzschmars Musik in jeder Hinsicht bereichernd und intensiv ist. Im Gespräch musste man sich schon aus Zeitgründen auf wenige große Werk-Stationen in Krätzschmars OEuvre beschränken.

Über die 1983 in Leipzig uraufgeführten oratorischen Heine-Szenen, die - obwohl Krätzschmar lediglich des Dichters Worte zu einem Textbuch formte - aufgrund ihrer musikalisch sorgfältig gesetzten Dornen zwischen Idylle und Abgrund oder "Abgründigkeit" ebenfalls öffentliche Erregung erzeugten, ging es in einem großen Bogen zum ersten Bühnenwerk, der 2006 an der Musikhochschule uraufgeführten "Schlüsseloper", einer Burleske über Macht und Ohnmacht, deren Aktualität sieben Jahre nach der Uraufführung fast mit einem leisen Schrecken festgestellt werden musste.

Bevor der Präsident der Sächsischen Akademie der Künste, Peter Gülke, in seinem Schlusswort dankbar und sehr genau beschrieb, wie Krätzschmar Aufgaben, "die auf einen zurollen" mit Demut und Noblesse zu lösen vermag, gab der Komponist einen Ausblick auf gegenwärtiges Schaffen - es ist zu hoffen, dass auch die in Entstehung begriffene 5. Sinfonie in heimatlicher Umgebung erklingen wird und somit nicht nur neugierige Protagonisten für die musikalische Gegenwartskunst gefunden werden, sondern Krätzschmar damit auch für sein Wirken in der Stadt gewürdigt wird. Am Ende der Veranstaltung stand eine Uraufführung - "Neun späte Bagatellen" für Violine und Klavier, entstanden 2007/2008, lösten klingend das Motto des Abends ein: Alwyn Westbrooke und Torsten Reitz setzten sich für dieses ebenso akribische wie leidenschaftliche Werk, das den Aphorismus der Bagatelle unter das kompositorische Brennglas nahm, überzeugend ein.

Donnerstag, 3. April 2014

In Wunsch- und Angstsphären des Melos

Wolfgang Rihm im Konzert und im Gespräch an der Musikhochschule

Der diesjährige Capell-Compositeur Wolfgang Rihm weilte fast eine Woche in Dresden, um Aufführungen seiner Werke in der Semperoper und an der Hochschule für Musik beizuwohnen. Traditionell stellt sich der Capell-Compositeur im Rahmen von Veranstaltungen von KlangNetz Dresden und der Sächsischen Akademie der Künste auch in Workshops vor - Rihm arbeitete mit den Kompositionsstudenten im Unterricht, besuchte Proben und sprach am Freitag mit Peter Gülke und Jörn Peter Hiekel über Komposition und Musikdenken.

In dem zweistündigen, sehr gut besuchten Gespräch konnte man tiefe Einblicke in Rihms Kompositionswerkstatt gewinnen und gleichzeitig Referenzen zur musikalischen Tradition feststellen. Wenn Rihm sich selbst bei der Arbeit als "Protokollant einer Spannungsübertragung" sieht, verrät das schon viel über eine Einstellung, die zwar das Element und die Idee proklamiert, aber viel mehr Interesse am Verlauf zeigt. Kriterien entstehen da durch Vergleich, aufgebaute Feindbilder dienen zur Schaffung des eigenen Standpunktes; der Schaffensprozess selbst, so Rihm, gleicht einer "Hege" und ist im günstigsten Fall von Vertrauen und Respekt - und natürlich langer Erfahrung im Umgang mit der Materie Musik - gekennzeichnet. Die Leidenschaft des Musikschaffenden ist dem 62jährigen Rihm dabei an den Augen abzulesen: seine vielen Tätigkeiten und Engagements als Lehrer und Juror etwa bringen in heutzutage in die Position, ständig die Rückkehr an seinen Schreibtisch organisieren zu müssen.

Die Werkschau in Dresden wird Rihm jedoch sehr erfreut haben - am Sonnabend musizierten Studenten der Musikhochschule einen ganzen Kammermusikabend mit seinen Werken. Obwohl nur vier Stücke aus verschiedenen Schaffensperioden auf dem Programm standen, war die Auswahl doch so beziehungsreich, dass man einen sehr charakteristischen, geschlossenen Eindruck erhielt. Zudem überlagern sich in verschiedenen Werkzyklen Formen und Ideen, die Rihm einem übergeordneten work-in-progress gleich immer wieder aufgreift, übermalt, weiterentwickelt oder neuen Widerparts zur Diskussion stellt. Diese Erkenntnisse konnten aus überzeugenden Aufführungen heraus entstehen, da die Studenten bestens präpariert waren.

Man machte keine Zugeständnisse: das 12. Streichquartett aus dem Jahr 2002 etwa gehört zum technisch Schwersten, was Rihm überhaupt in dieser Gattung komponiert hat. Ein polyphones Dickicht tat sich da auf, und trotz permanentem Aktionismus und einer Art exaltierten Rhetorik in allen vier Instrumenten schafften die Musiker eine leicht gedämpfte, fast "gedackte" Atmosphäre herzustellen. Das war ebenso spannend nachzuvollziehen wie Elena Rubios Parforceritt in "Über die Linie VII", eine Reise in die "Wunsch- und Angstsphäre des Melos" (Rihm). Das zwanzigminütige Solostück ging die Geigerin mit einer adäquaten Besonnenheit an, die dem enormen Spannungsbogen des Stückes keinerlei physische Dramatik beigab - so schwang die Musik frei.

Das Trio "Chiffre IV" war als konzentriert dargebotener Auftakt ebenso geeignet wie das größer besetzte Ensemblestück "Chiffre II - Silence to be beaten" als vulkanischer Ausbruch zum Ende des Konzertes. Nicht nur der anwesende Komponist zeigte sich hochzufrieden - die Musiker dürften ebenso eine starke "Rihm-Erfahrung" aus dieser Woche mitnehmen wie die Zuhörer, die Gelegenheit bekamen, den "Kontinent Rihm" einmal hautnah und musikalisch intensiv zu erleben.
(31.3.14)

Zum Weiterdenken bestimmt

Wilfried Krätzschmar zum 70. Geburtstag

Er ist ein umtriebiger Geist, ein Kämpfer für die Kultur, ein Einmischer, ein jovialer und stets bereichernder Gesprächspartner. Man weiß nicht, wo man anfangen soll, wenn man Wilfried Krätzschmar würdigen und als Persönlichkeit, womöglich gar noch in einem Satz, beschreiben soll. Vielleicht ist es die ehrlichste Aussage, dass ich ihm gerne zuhöre - und das betrifft gleichermaßen Töne und Worte, in dessen weiten Feldern sich Krätzschmar nicht nur unnachahmlich gut auskennt, sondern derer er sich auch mit höchsten Anspruch an sich selbst und sein Gegenüber - dem Publikum, den Zuhörern, der Gesellschaft, bedient. Hochinteressant wird das Zuhören dann, wenn das starke und oft nicht näher zu umschreibende Gefühl entsteht, dass der Redende etwas zu sagen hat (nicht jeder, der redet, sagt etwas!), eben etwas äußert, was genau jetzt und heute an diese Stelle gehört, aber eben auch messerscharf formuliert ist, damit so etwas wie Auseinandersetzung mit dem Gesagten, Gehörten erst entstehen kann.

"Sagen, was man denkt" - das war nicht nur vor dem Hintergrund eines künstlerischen Lebensweges zu DDR-Zeiten eine hohe Kunst, sondern dürfte für Krätzschmar gleichsam Credo und Ausdruck von Lebendigkeit sein - nur so gelingt ja die eigene Einschätzung und die Einordnung in die gesellschaftliche Umgebung, lassen sich umgekehrt auch wieder andere Meinungen und Standpunkte aufnehmen. Bei Wilfried Krätzschmar ist allerdings der Zusatz unerlässlich, dass der geäußerte Gedanke sorgsam geschliffen sein sollte, bevor er die Heimstatt des Verfertigens verläßt - ein feiner Humor und die Einbeziehung des Unerwarteten, des markant gesetzten Seitenhiebs ist da zumeist inkludiert. Damit entsteht auch Konfrontation - die Krätzschmar aber nie um ihrer selbst willen gesucht hat, sondern um dahinterliegende neue Welten zu erschließen oder ein bereits vermeindlich "bestelltes Feld" um eine andere Perspektive zu erweitern.

In diesen Zusammenhang ist nicht nur sein kompositorisches Werk zu stellen, bei dem Krätzschmar viel mehr daran interessiert ist, auf spielerisch-sinnliche Art Fragen zu stellen oder Situationen zu porträtieren denn fertige Ergebnisse zu präsentieren. Das sehr genussvolle "Erörtern der Gegebenheiten", um zu neuen Erkenntnissen zu gelangen, prägt auch Wilfried Krätzschmars unermüdliche Tätigkeit als Streiter für ein lebendiges und kreatives Kulturleben in Sachsen. Für die zeitgenössische Musik hat er wesentliche Aufbauarbeit im Komponistenverband und in weiteren Gremien geleistet. Auch die Dresdner Musikhochschule, der er von 1994 bis 2003 als Rektor vorstand, konnte er durch aufopferungsvolles Engagement zu dem heutigen modernen Ausbildungsinstitut weiterentwickeln und als Lehrer über fast vierzig Jahre eine ganze Komponistengeneration betreuen - Ekkehard Klemm, Christian Münch, Thomas Kupsch, Arnulf Herrmann, Benjamin Schweitzer und Michael Flade seien hier stellvertretend genannt.

Im Sächsischen Musikrat und in der Sächsischen Akademie der Künste bestanden und bestehen weitere Tätigkeitsfelder, wo Krätzschmar weniger als Bestimmer sondern vielmehr als Initiator, Weiterdenker oder Vernetzer hoch geschätzt ist. Wilfried Krätzschmar begeht am Sonntag seinen 70. Geburtstag - neben aufrichtigen Wünschen für Gesundheit und Energie sei ihm vor allem die beständige schöpferische Unruhe gewünscht, in schöner Unregelmäßigkeit in Stadt und Land seine Stimme zu erheben - in Tönen und Worten. Wir werden ihm aufmerksam zuhören, ihn - erst recht in seinem Humor - ernstnehmen. Auch das kann ein Geschenk sein, eines, das Wilfried Krätzschmar gebührt.
(22.3.14)

Traum LXXXI

Ich warte in einem Saal auf eine beginnende Probe und sitze an der Wand auf einem Tisch, die Beine hochgelegt. B. kommt herein, zieht mir den rechten Schuh aus und geht wieder. Ich fahre dann auf der Autobahn, telefoniere mit B. und weise ihn an zur Raststätte zu kommen um mir den Schuh wiederzugeben. An der Raststätte stinkt es entsetzlich nach Fett und Bratwürsten, daher fahre ich wieder und spreche mit B. - wir könnten uns auf der Hälfte der Strecke zwischen der Raststätte und zu Hause treffen. Der Ort heißt Herz.

Dienstag, 18. März 2014

Virtuoses Doppel am Klavier

Kirill Gerstein und James Gaffigan gastierten bei der Dresdner Philharmonie

"Das geht nicht" oder "das kann man nicht spielen" - solche Sätze hören Komponisten von ihren Interpreten höchst ungern. Oft hat die Musikgeschichte bewiesen, dass viele vermeintlich unspielbare Werke eine Musikergeneration später längst zum Repertoire gehören. Für Richard Strauss' "Burleske" für Klavier und Orchester traf das zwar nicht ganz zu, aber immerhin fand sich in Eugen d'Albert ein Virtuose, der die vertrackten Windungen der Komposition in die Finger zu bekommen wusste, nachdem der Widmungsträger Hans von Bülow die Partitur abgelehnt hatte.

Die Dresdner Philharmonie lud mit dem amerikanischen Dirigenten James Gaffigan (Chefdirigent des Luzerner Sinfonieorchesters) und dem russischen, in Amerika ausgebildeten Pianisten Kirill Gerstein zwei sehr interessante Gäste der jüngeren Künstlergeneration ein, die sich nicht nur für die Reputation der "Burleske" einsetzten, sondern dem ganzen Konzert eine markante Handschrift verliehen.

Strauss zur Seite gestellt waren Werke von Maurice Ravel - das erzeugte mehr ein friedliches Nebeneinander als einen Beziehungsreichtum, denn beide Komponisten waren doch in recht unterschiedlichen musikalischen Sphären unterwegs. Ravels Märchensuite "Ma mère l'oye" (Mutter Gans) beließ Gaffigan in ihrer schlichten, unaufgeregten Charakteristik. Damit gelang ein sanfter Auftakt, in welchem aber auch ein wenig noch die Spannung und damit ein Gespür für Linien und Ziele fehlte.

Das änderte sich mit dem Auftritt von Kirill Gerstein schlagartig, denn die "Burleske" gibt sich kantig und jugendlich ambitioniert. Auf das erste Paukenmotiv reagierte Gerstein mit selbstbewusstem, fast ein wenig perkussivem Anschlag und stellte klar, dass Strauss mit der Burleske vor allem eine geistige Anstrengung verband, die das Stück in Brahms-Nähe rückt, dabei aber vielfach in aberwitzig virtuose Preziosen mündet. Die Dresdner Philharmonie zog da aufmerksam mit - Solist und Orchester konnten so im Verlauf des Stücks einen mächtigen Spannungsbogen aufbauen.

Damit nicht genug: nach der Pause erschien Gerstein erneut, um den Zuhörern im Albertinum Ravels Klavierkonzert D-Dur für die linke Hand zu präsentieren. Pianistisch wie stilistisch ist das eine ganz andere Herausforderung, die aber von Gerstein hervorragend gemeistert wurde. Fast garstig-insistierend und mehr im Rock- statt im Jazzbereich angesiedelt kolorierte der Pianist den vitalen Mittelteil des Stücks, Gaffigan gab sich hingegen mit dem Orchester als gleichberechtigter Partner und steuerte eine höchst süffige, von spontaner Leidenschaft geprägte Klangwelt bei. Das war bis zum letzten Ton überzeugend und Gerstein konnte für dieses außergewöhnliche Doppel am Klavier großen Applaus empfangen.

"Till Eulenspiegels lustige Streiche - nach alter Schelmenweise in Rondeauform gesetzt für großes Orchester", so lautet die Überschrift von Richard Strauss' wohl bekanntester Tondichtung, die am Ende des Konzertes auf dem Programm stand. James Gaffigan überraschte die Zuhörer mit einem rasant durch seine Abenteuer stürzenden Till. In dieser Lesart landete die Tondichtung im Charakter fast im heutzutage auch von atemberaubender Schnittgeschwindigkeit bestimmten Trickfilmbereich. Gaffigans impulsives, forderndes Dirigat spornte die Philharmoniker dabei zu Höchstleistungen an. Gleich ob es die vielen exzellent musizierten Soli waren oder die klanggewaltige Gerichtsszene mit augenzwinkerndem Abgang - diese von rasch wechselnden Bildern bestimmte Aufführung gelang hervorragend.

"Böhmische Geschichten" mit viel Musizierfreude

Smetana, Suk und Dvořák im Konzert des Universitätsorchesters Dresden

Zumeist ein Konzert pro Semester veranstaltet das Universitätsorchester an der TU Dresden - für diesen Abend üben die Studenten, Dozenten, Mitarbeiter und Ehemalige der TU, aus denen sich das Orchester zusammensetzt, sehr engagiert in ihrer Freizeit. Es ist der Lohn der Anstrengungen, wenn sich dann pünktlich zum Konzert die größte Spannung aufbaut und jeder seinen wichtigen Teil zu den Stücken beitragen darf. Die Spannung maximierte sich am Sonntag noch, denn zum einen - eine schöne Konstante bei den TU-Musikensembles - war die Lukaskirche fast vollbesetzt, zum anderen hatte Dirigentin Monica Buckland wieder einmal ein faszinierendes und gleichzeitig sehr anspruchsvolles Programm aufgelegt.

"Böhmische Geschichte(n)" wurden dem Publikum präsentiert: drei sich musikalisch nahe stehende Werke aus dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts standen auf dem Programm - damit gelang ein schöner Querschnitt der Musikkultur dieses Landes zu dieser Zeit. Keineswegs reduziert sich die Musik auf "böhmische Blasmusik" (und auch die will niveauvoll dargeboten werden!) wie sie etwa explizit im zweiten Satz von Josef Suks Suite "Pohádka" (Ein Märchen) vorkam. Bereits die sinfonische Dichtung "Šárka" aus dem berühmten Zyklus "Mein Vaterland" von Bedřich Smetana war mit allerhand Herausforderungen und einer guten Portion Dramatik gespickt, woraus Buckland mit dem Orchester aber ein überzeugendes Einleitungsstück formte.

Die folgende umfangreiche Suite von Josef Suk (übrigens der Schwiegersohn von Antonín Dvořák) zeigte, wie die böhmische klassische Musik sich in der Spätromantik weiterentwickelte; Suks Musik wird leider viel zu selten aufgeführt, obwohl sie eine ganz eigene Handschrift und Farbigkeit trägt. War in "Šárka" schon ein schönes Klarinettensolo zu bewundern, so war es hier ein Geigen-Solo, das der an "Romeo und Julia" angelehnten Geschichte Charakter verlieh - ansonsten hatte man hier seine Freude an der markanten Lesart von Buckland, die nicht mit Schwelgen und sattem Klang sparte, aber stets auch konzentrierten Einsatz der Musiker forderte.

Die zweite Konzerthälfte gehörte Antonín Dvořák - seiner 6. Sinfonie D-Dur merkt man das intensive Ringen um den von der Öffentlichkeit für wichtig bewerteten nationalen Stil heute nicht an. Buckland fand auch hier das rechte Maß der Tempi, um den kantablen Themen viel Ausdruck zu verleihen. Vielleicht waren im Scherzo noch ein paar Prägnanzreserven vorhanden, doch dafür entschädigte das furiose, feuerwerksartig beendete Finale der Sinfonie. Über dem ganzen Konzert stand weniger der Anspruch der Perfektion als vielmehr gemeinsame Freude am Musizieren dieses Kulturgutes unserer Nachbarn, das damit einmal mehr wenige Kilometer den Elbestrom hinunter gewürdigt wurde - gut so.
(10.3.14)

Unbekanntes von Bekannten

Ravel, Strauss und Dvořák im Philharmoniekonzert

Die Dresdner durften am vergangenen Sonnabend erneut eine Wiederbegegnung mit einem Sohn der Stadt erleben, den es früh schon in die Ferne zog: der Dirigent Christoph König war Kruzianer und studierte an der Musikhochschule in Dresden, bevor er Engagements in Malmö und nun seit mehreren Jahren in Porto und Luxemburg wahrnahm. Im dritten Philharmonie-Konzert der laufenden Saison in der Frauenkirche übernahm König die Leitung und konnte sich über sehr guten Publikumszuspruch freuen - vielleicht ein Zeichen, dass die Dresdner ihren Künstlern treu verpflichtet bleiben, auch wenn diese ihr Glück in der Welt suchen.

Keineswegs lockte König mit einem gewöhnlichen Programm, obschon mit Ravel, Strauss und Dvořák bekannte Komponisten angekündigt waren. Einen Tag nach Maurice Ravels 139. Geburtstag gab es mit der Suite "Le Tombeau de Couperin" ein anständiges Ständchen für den Komponisten - die Musik bezieht ihren Reiz aus der Verbindung barocker Formen und Motive mit der stark dekorativen und hier auch offenherzig verspielten Stilistik des musikalischen Impressionismus. König überraschte gleich im ersten Satz mit straffen Tempi und vielen gut angelegten Kontrastwirkungen. Nachdem die Philharmoniker einmal den Willen zum Folgen signalisiert hatten, war es eine Freude, diesem orchestralen Schmuckstück zu lauschen, denn mit sorgsam differenzierter Dynamik wurde auch die Akustik der Frauenkirche berücksichtigt.

An Richard Strauss kam man auch an diesem Wochenende in Dresden nicht vorbei: neben den bekannten Tondichtungen gibt es aber in dessen reichhaltigem OEuvre auch einige Preziosen zu entdecken. Das Violinkonzert d-Moll, Opus 8 des gerade einmal 18jährigen Komponisten hat sich - im Gegensatz zur ebenfalls früh entstandenen Violinsonate - nicht im Repertoire gehalten. Man ist der holländischen Geigerin Isabelle van Keulen dankbar, dass sie sich immer wieder mit Mut und großer Aufmerksamkeit solchen "Perlen" am Rande des Repertoires widmet - schließlich kann man an der Musik sehr schön feststellen, wie der junge Richard Strauss mit den Partituren seiner Zeitgenossen vertraut war um allmählich seinen eigenen unverwechselbaren Stil zu entwickeln. van Keulen und König gingen mit großem Ernst an die Sache heran und die Reputation gelang - vielleicht nicht in den ersten Takten, in denen van Keulen noch etwas Nervosität zeigte. Sie lotete aber in der Folge das Konzert als jugendlich-spritziges Virtuosenstück optimal aus und legte sich auch mit Hingabe in die lyrischen Passagen. Dass gerade der 3. Satz bei van Keulen von spielerischer Leichtigkeit viel mehr gekennzeichnet war als von den Mühen der Bewältigung dieser geigerischen - man darf es durchaus so nennen - Frechheiten, sollte als höchst respektable Leistung gewürdigt werden.

Antonín Dvořáks Sinfonien werden gerne als Schlussstück programmiert, gelingt doch hier immer ein melodienseliger, musikantischer Ausklang. Der 5. Sinfonie F-Dur war bisher ein solches Repertoireglück nicht beschieden. Christoph König setzte sich vehement und mit intensiver Ausarbeitung der Partitur für das Stück ein, sodass sich schon im ersten Satz der silbrig-feine, optimistische Dvořák-Klang ausbreiten konnte. König arbeitete viel mit spontaner Motivation, dämpfte da und dort einmal zu forsche Bläser und forderte emsiges Mitgehen vor allem im Finale. Damit gab er nicht nur eine tolle Visitenkarte für seine Dirigierkunst ab, sondern stand auch mit seinem Namen für die Werke voll ein - solch eine Überzeugungskraft, die sich auch sofort auf die Musiker im Orchester übertrug, ist eine gute Sache und wurde vom Publikum mit starkem Applaus bedacht.
(9.3.2013)

Sonntag, 9. März 2014

Traum LXXX

Ich bin in einem großen, aber verwinkelten Probenraum und will wieder Fagott spielen. Mir fehlt allerdings das Rohrblatt und ich bin traurig. Ein anderer Fagottist gibt mir eines aus seiner Sammlung und meint, er würde damit immer den "Ring" spielen, aber derzeit stehe der ja nicht auf dem Programm. Ich sitze dann vor einer großen Tafel, die mir das Zusammenbauen des Fagotts erklärt, eine ziemlich absurde Zusammenstellung, man muss hinter den S-Bogen auch noch Papier klemmen und ähnliches mehr. Ich komme nicht zum Spielen, da ich mit dieser Bauanleitung beschäftigt bin. Währenddessen wechselt die Szenerie - ich bin nun in einer Chor-Orchesterprobe, die Teilnahme am Chorprojekt hatte ich abgesagt und frage den Leiter, ob ich denn stattdessen Fagott spielen könnte. Nein, A. spielt Fagott - ich werde abgelehnt. Ohnehin ist diese Probe offenbar vorbei, ich verbleibe allein in dem großen Raum. Am Klingeln höre ich, dass es die Hochschule ist, die nun schließt. A.O. ruft an und fragt nach ihrem Portemonnaie, das ich suchen und ihr mitbringen soll. Ich merke, dass der ganze Raum voller "Zeug" ist, überall liegen Taschen, Klamotten, auf den Fensterbänken viel kleiner Tand und auch mehrere Portemonnaies. Statt A. habe ich nun T. am Telefon, ich solle das Portemonnaie suchen. Nach langer Suche finde ich es - draußen höre ich Schritte, ein Wachdienst mit Taschenlampen kommt herein und sagt mir, ich solle verschwinden. Hinter dem Wachdienst folgt eine Putzkolonne, mittendrin O., die entschuldigend erklärt, ihre Tante sei Putzfrau. Ich verlasse das Haus mit dem Portemonnaie, auf dem fein säuberlich innen ein Klebestreifen mit Namen und Adresse von T. angebracht ist. [hier Ende]

Freitag, 7. März 2014

Orphische Gesänge von Beethoven, Liszt und Strauss

Radu Lupu und Christian Thielemann im Kapell-Konzert

Mal hat er eine Lyra oder Laute, später sind es Harfen und Geigen, die seinen Gesang verkörpern, oder er tritt gleich in persona in den ihm gewidmeten Opern in Erscheinung: die mythische Gestalt des Orpheus hat Künstler in allen Epochen beschäftigt - von "orphischen" Klängen war auch das 7. Sinfoniekonzert der Sächsischen Staatskapelle durchzogen. Auch wenn Richard Strauss sich in seiner Tondichtung "Ein Heldenleben" nicht explizit darauf bezieht, ist auch dort die orphische, durch Nietzsches Deutung vom Werden und Vergehen des Menschen geprägte Atmosphäre nicht zu leugnen.

Begonnen wurde aber mit der sinfonischen Dichtung "Orpheus" von Franz Liszt, die der Komponist 1854 für das weimarische Kulturleben verfasste. Chefdirigent Christian Thielemann formte eine von den ersten Tönen an sorgfältige, auf weichen und strömenden Klang bedachte Interpretation.

Ein besonderes Erlebnis war dann die Aufführung des 4. Klavierkonzertes G-Dur von Ludwig van Beethoven. Auch dieses Werk darf durchaus orphisch gedacht werden, weniger von der programmatischen Zuschreibung des zweiten Satzes her als vielmehr von der Emanzipation des künstlerischen Ausdrucks. Als Solist war der diesjährige Capell-Virtuos Radu Lupu zu hören. Der rumänische Künstler ist unbestritten einer der ganz großen Pianisten der Gegenwart. Seine Beethoven-Interpretation war von einer geistigen Durchdringung geprägt, die sich bereits in den ersten Takten im Solo-Thema andeutete. Es war wohl die melancholischste, vielleicht auch schattigste Variante, die man je von diesem G-Dur-Konzert gehört hat. Ein feiner Lyrismus und ein fast lapidarer, manchmal auch distanziert wirkender Zugang Lupus zur Partitur durchzog nahezu alle Sätze.

Radu Lupu versah die Musik mit einem höchst differenzierten, ebenso vorsichtig angelegten wie spontan die Musik erforschenden Anschlag. So konnte man sich tief in die Musik hineinbegeben, wurde nie gestört durch Äußerlichkeiten oder gar den interpretatorischen Zeigefinger. Thielemann und das Orchester nahmen den großen Ernst, den Lupu verströmte, sofort auf und gaben sich hochkonzentriert den vielen Reaktionen und Kommentaren hin, so dass schon vor der von Lupu kristallklar ausgeführten Kadenz im 1. Satz der sinfonische, dialektische Charakter dieses Konzertes klar ausgebreitet wurde. Nach dem von Nachdenklichkeit geprägten zweiten Satz war im Finale kein flotter musikalischer Kehraus gefragt, eher prägte Lupu die Motive dieses Satzes mit einer fast philosophischen Gelassenheit, die dem Hörer Raum gab, Dinge selbst zu verknüpfen oder zu deuten. Solch einer reifen, auch mutigen Haltung muss man höchsten Respekt zollen.

Schließlich ertönte mit auftrumpfender Geste am Beginn der orphischen Gesänge dritter Akt: Strauss' Tondichtung "Ein Heldenleben" ist ein opulentes und dankbares Abschlusswerk, in welchem die Kapelle all ihre Stärke und Erfahrung als Strauss-Orchester mit brillantem Klang zeigte. Dies gelang natürlich erst recht vorzüglich, da Christian Thielemann stets klare und eindeutige Zeichen gab, die aber nie das Spiel einengten. Schön, dass Thielemann sich insbesondere in den Themenvorstellungen nicht zu sehr den Details hingab, sondern die Spannung bereits auf den nächsten Abschnitt lenkte.

So wirkten des Helden Dramen glücklicherweise nicht ganz so schwergewichtig wie von Strauss ersonnen - trotzdem zelebrierte die Kapelle natürlich den orchestralen Siegeshöhepunkt mit größtem Genuss: angesichts der hervorragend entfalteten, nuancenreichen Farbigkeit in allen Orchestergruppen machte das Zuhören auch noch im von Strauss doch arg ausgedehnten letzten Drittel des Stücks schlicht Spaß. Und nur begeistert war man von dem temperamentvoll und klangsinnig gestalteten Solo von Konzertmeisterin Yuki Manuela Janke - sie wäre für Jubilar Richard Strauss mit Sicherheit eine äußerst empfehlenswerte "Gefährtin" seines Helden.

Montag, 3. März 2014

ad fontes

Darum vertiefen wir uns in unser Leben
weil wir draußen die Hecken sehen
in denen kleine Wölfe wohnen
die ihre Statements verkürzen und
ihr Geld zählen
leise mit den Händen schlagend
damit die Ordnung gewahrt bleibt.
Soweit Fuchs.

Darum verliefen wir uns in den Hecken
weil wir schaudernd unser Leben nahen sahen
in dem Herdenglocken läuteten
dann und wann der Fischfiletlieferdienst aufkreuzt und
wieder verschwindet
im Horizont eine gelbe Fahnenspur legend
damit das Wimmern an Struktur gewinnt.
Sogleich Meer.

Warum verkeilen wir uns in den Gedanken
weil wir rasend vor Glück unsere Ziele vergraben
mit denen wir zu den Staren fliegen wollten
früh am Morgen in einer Ecke der Stadt hockend und
alles einreißend
Schweife zwischen die Felsen zeichnend
damit die Wissenden sich verdrücken.
So viel Liebe.

Traum LXXIX

1) Geträumt, geweckt zu werden.
2) Eine Sache sagen, die aber komplett als Gegenteil wahrgenommen wird.
3) Eine Stunde bis zur Abfahrt.

Sonntag, 23. Februar 2014

Medien-Links zum Thema Semperoper / Serge Dorny

Am 21.2. hat die Sächsische Ministerin für Wissenschaft und Kunst Sabine von Schorlemer dem designierten Intendanten der Semperoper, Serge Dorny, vorzeitig gekündigt. Unkommentiert und ohne Vollständigkeitsanspruch veröffentliche ich hier eine Linksammlung zum Thema, die ich auch in den nächsten Tagen erweitere. Dabei kommt es mir nicht auf Massierung an, die Wiederholungen mit sich brächte, mir ist hier auf dem Blog der Rundumblick vor allem mit redaktionellen Beiträgen wichtig.

* Pressemeldung des Kunstministeriums Sachsen (21.2., 12.01), kurz danach veröffentlichen DNN und SZ die Meldung, auch Musik-in-Dresden.de (Michael Ernst) und die nmz (gleicher Autor) berichten online. Die BILD zitiere ich hier lediglich: "Das ist ein Ding!"
* Dornys erste Reaktion, ein offener Brief, wurde am 21.2. abends veröffentlicht, z. B. in Auszügen in "Le Figaro" ("Dorny débarqué de l'Opéra de Dresde"), später am Abend konnte der Brief dann komplett z. B. bei Twitter in französisch und deutsch gelesen werden. Für die Samstagsausgaben der Zeitungen reichte das nicht mehr - dpa gab am Samstag Auszüge weiter.
Erste Meldungen der Presse noch am Freitag:
* Die Welt: "Ministerium feuert Semperoper-Intendanten"
* FAZ: "Rauswurf: Serge Dorny geht nicht nach Dresden" (Eleonore Büning)
* DRadio Kultur - audio aus der Sendung "Fazit" - Interview mit Staatssekretär Henry Hasenpflug

Am Samstag berichten viele Zeitungen ausführlich in ihren Printausgaben - davon sind einige (Kerstin Leiße in der DNN etwa) nicht online verfügbar. Online finden sich am 22.2.:
* Sächsische Zeitung: "Semperoper wirft neuen Intendanten hinaus" (Heinrich Löbbers)
* Die Welt: "Es darf einfach keinen Gott geben neben Thielemann" . Neben diesem Artikel verfasst Autor Manuel Brug auch einen weiteren Text, einen Kommentar namens "Dresdner Scherben"
* Audiobeitrag vom 22.2. bei DRadio Kultur (Sendung Fazit).

Am Sonntag, 23.2. erscheint ein dpa-Interview mit Dorny u. a. in den Dresdner Neuesten Nachrichten und der nmz.
* Martin Morgenstern schreibt einen Gastbeitrag für das Medienblog "Flurfunk Dresden" unter dem Titel "Entlassung von Serge Dorny: „Frau Schorlemer hat sich entschieden“
* Aus den dpa-Materialien von Jörg Schurig entsteht ein weiterer Artikel bei der Sächsischen Zeitung: "Semperoper übt sich in Schadensbegrenzung"
* Der MDR fasst am Sonntag mit mehreren Audios/Videos und einem größeren Artikel unter der Überschrift "Kompetenzgerangel an der Semperoper" die Lage zusammen. Die Fernsehbeiträge des MDR lassen sich über die Suche auf der ARD-Seite gut auffinden.
* Reinhard Brembeck kommentiert in der Süddeutschen Zeitung - "Das Theater von Dresden"

Am Montag
*veröffentlicht die DNN in der Print- und E-Paperausgabe einen weiteren Beitrag unter dem Titel "Fehlende politische Courage und Weitsicht": Der vor Amtsantritt als Dresdner Opernintendant gekündigte Serge Dorny teilt in viele Richtungen aus" (M. Ernst / K. Leisse)
* Spiegel stellt die "Presseschau Kultur" online und zitiert darin Christian Thielemann aus einem Interview mit der FAZ (Printausgabe)
* nzz, Georg-Friedrich Kühn: "Kündigung vor Amtsantritt"
* FAZ, neuer Artikel von Eleonore Büning: "Verliebt, verlobt, geschieden oder: Dorny muss gehen"

Di, 25.2.
* Der Münchner Merkur veröffentlicht ein Interview mit Christian Thielemann, beim Oberbayrischen Volksblatt kann man unter der Überschrift "Getroffene Hunde bellen eben" daraus Auszüge lesen (Markus Thiel).
* Die DNN-Printausgabe fasst unter dem Titel "Ein Dresdner Trauerspiel" die Ereignisse zusammen und blickt zurück auf vergangene Jahre. Außerdem druckt sie ein Interview mit dem Orchesterdirektor Jan Nast ab (Kerstin Leisse).
* Die Bildzeitung Dresden titelt "Selbst vor dem SemperOpernball schreckte er nicht zurück" und berichtet, Dorny habe dem Verein im Januar gekündigt.
* Der Bayrische Rundfunk setzt Interviewaussagen von Thielemann und Dorny in Zitaten untereinander.
* Um 14 Uhr findet eine Pressekonferenz in der Semperoper statt, darüber berichten verschiedene Medien im Anschluss: dpa (hier in der LVZ), die WELT, der MDR, menschen-in-dresden.de und Dresden Fernsehen, letzteres mit einem kurzen Video der Pressekonferenz.

Am Mittwoch, den 26.2.
* berichten die meisten Zeitungen über die Pressekonferenz, etwa Tim Hofmann in der Freien Presse ("Vorwurf: Er war ein Diktator mit hübscher Maske") oder die Mittelbayrische ("Semperoper bleibt erst mal kopflos"). Die Dresdner Neuesten Nachrichten widmen sich zudem dem Thema Semperopernball - dem ausrichtenden Verein hatte Dorny im Januar gekündigt.
* Musik-in-Dresden veröffentlicht auf seiner facebook-Seite fast die komplette Pressekonferenz in einer Mitschrift (Martin Morgenstern)
* Eine besondere Schlagzeile findet die Münchner Abendzeitung für ihre Berichterstattung: "Hat Thielemann den Intendanten weggebissen?" - interessanterweise ist im Artikel nur dpa-Material übernommen - das betrifft allerdings nicht die Überschrift.
Unabhängig von der Pressekonferenz erscheinen weitere Artikel. In der Berliner Morgenpost schreibt Axel Brüggemann: "Thielemann ist eine Reizfigur, dabei will er nur dirigieren."
Aus französischen Medien ist dagegen heute fast gar nichts zu entnehmen, außer der Information, dass Dorny eventuell nach Lyon zurückkehrt. Update: France Musique berichtet nun auch.

Donnerstag, 27.2.
* ein längerer Artikel in der Zeit fasst die Ereignisse zusammen und versucht sich im Vergleich mit Fußball (Martin Machowecz)
* Götz Thieme schreibt in der Stuttgarter Zeitung über die "Dresdner Opernkrise"

Beethoven als krönender Abschluss

5. Kammerabend der Staatskapelle mit dem "Dresdner Streichtrio"

Der 5. Kammerabend der Sächsischen Staatskapelle in der Semperoper gehörte gänzlich dem Streichtrio. Diese Gattung der Kammermusik findet sich seit dem 18. Jahrhundert in allen Epochen der Musikgeschichte, wenngleich nicht jeder Komponist ein Werk für diese Besetzung verfasst hat. Vom umfangreichen Repertoire des 1995 gegründeten "Dresdner Streichtrios" konnten sich die Konzertbesucher des Kammerabends überzeugen, wenngleich die begrenzte Zeit eines Konzertes in diesem Fall inklusive Zugabe nur vier Beispiele zuließ.

Berkeley, Berger, Beethoven - die Programmfolge geht trotz Alliteration nicht so leicht von der Zunge, denn den ersten beiden Komponisten begegnet man im Konzertalltag nahezu gar nicht. Der englische Komponist Lennox Berkeley (1903-1989) schrieb sein Streichtrio 1944, das stilistisch verschiedene konservative Strömungen seiner Zeit aufnimmt, allerdings kaum einmal zum Hinhören zwingt. Eine wenig inspirative Stimmführung der Themen durch die Instrumente und ein harmonisches Verständnis, bei dem man sich fragt, ob der Komponist nicht doch Vorzeichenfehlern erlegen war, ließ am Ende rätseln, warum dieses Stück überhaupt zur Aufführung ausgewählt wurde.

Dagegen war beim zweiten Werk des Abends eine deutliche Steigerung nicht nur im spieltechnischen Anspruch, sondern auch im lustvollen Entdecken musikalischer Details beim Zuhören zu spüren. Wilhelm Bergers Streichtrio g-Moll entstand 1898 - der Komponist kann stilistisch zwar zwischen Brahms und Reger eingeordnet werden, das Werk ist aber von solch eigener Charakteristik, dass solche Vergleiche nur einen äußeren Rahmen benennen können. Die beiden Mittelsätze benötigen viel Flexibilität im Ausdruck - Jörg Faßmann (Violine), Sebastian Herberg (Bratsche) und Michael Pfaender (Cello) sorgten hier für eine in den Klangfarben sehr ansprechende Interpretation. Bergers kontrapunktisches Können konnte man in den Ecksätzen gut wahrnehmen, ab und an blitzte sogar eine Leichtigkeit in der Faktur auf, die man eher Stücken von Dvořák zuordnen würde.

Der ganze Abend war im Ensemble von guter Homogenität und sorgsamer, fast liebevoller Hinwendung zu den Werken geprägt, dies konnte man hier im Detail etwa in den witzig-trockenen Pizzicati im Scherzo wahrnehmen. Die Musik von Ludwig van Beethoven wirkte nach der Pause im Kontext als krönender Abschluss. Hier zeigte das Dresdner Streichtrio vor allem, wie ein Meisterwerk - als solches muss das G-Dur-Trio aus Opus 9 gelten - durch kenntnis- und ideenreiche Interpretation gewinnt. Neben dem höchst sanglichen Adagio konnte man etwa gut verfolgen, welche Intensität die Pausen im musikalischen Verlauf besitzen. Das Finale schließlich war von einem Temperamentsausbruch bestimmt, dessen Ausdrucksqualität bislang im Konzert etwas zu kurz kam. Jubilar Richard Strauss kam in der Zugabe zu seinen Ehren - das 1882 im familiären Kreis im Münchner Pschorr-Bierkeller uraufgeführte kurze Variationswerk "'s Deandl is harb auf mi" entwickelte dann aber doch nicht soviel bajuwarischen Witz, wie Name und Uraufführungsort vermuten ließen.

Montag, 17. Februar 2014

Traum LXXVIII

Ich betrete mit dem Hund einen Zug, im Oberdeck des offenbar doppelstöckigen Zuges steht die Fußballnationalmannschaft. Ich gehe durch die Reihen und schüttele Hände. Es soll Kaffee und Kuchen geben. Statt der Nationalmannschaft steht dann plötzlich ein Orchester vor mir, mir wird bedeutet, dass es nur noch Tee gibt und jeder seine eigene Teetasse hat, am eingravierten Muster im Boden erkenntlich. Ich fühle mich ausgeschlossen, da ich keine Tasse habe und auch keinen Tee trinke. Szenenwechsel. Ich stehe an einem Hang und sehe zu, wie jemand an diesem Hang mit einem Ball spielt, den er geschickt immer um einen Baum herumleitet, der an diesem Hang steht. Ich bemerke, dass ich noch in den Supermarkt könne (Süßigkeiten kaufen), der habe ja noch bis sechs Uhr auf. Dann, so sage ich dem Ballspieler, ginge es - zu Fuß - nach Australien. ["Australien" ist eine Art Nachbargrundstück, dennoch ein Grenzübertritt und "wildes Land", ich kenne es aus früheren Träumen]. Erneuter Szenenwechsel. Ich stehe mit dem Hund auf der Straße und telefoniere, ich bekomme von t. Prüfungsergebnisse erzählt. Kurzer Bildwechsel: die Noten kommen nun als Durchsage aus dem Radio, danach werden Schneeberge gemeldet, die bis zu 7 Meter hoch sind und (die Meldungen werden zu Bildern) auf einer schnurgeraden Straße mit enormem Gefälle sieht man Autos auf Glatteis hinunterrutschen. Wechsel zurück auf die Straße, ich stehe immer noch mit dem Telefon in der Hand, der Hund reißt sich los und läuft die Straße hinunter, die Leine schleift hinterher. Ich rufe und rufe, ohne Erfolg.

[LXXVII hatte ich nicht gepostet, es war ebenfalls ein Traum über den Hund, der vor ein Auto gelaufen ist, das war vor etwa 6 Wochen. Dazwischen keinerlei Traumerinnerungen.]

Sonntag, 16. Februar 2014

In schockierender Direktheit

Dmitri Schostakowitschs 8. Sinfonie im Gedenkkonzert der Dresdner Philharmonie

Neben dem stillen Gedenken an und in der Frauenkirche versammeln sich die Dresdner am Abend des 13. Februar in den Kirchen und Konzertsälen der Stadt, um dem Anlass entsprechende Musik der Dresdner Orchester und Chöre zu hören. Beim Konzert der Dresdner Philharmonie im Albertinum musste man sich über sehr gelichtete Reihen im Auditorium wundern - da dieses Konzert nicht innerhalb der Anrechte gelistet war, hatte man wohl auf selbstverständliches Interesse gesetzt - schade, dass am Ende nur ein Drittel des Albertinums gefüllt war. Auch für die Musiker auf der Bühne war dies keine leichte Situation.

Dass das Programmheft keinerlei Informationen zur Tradition der Gedenkkonzerte oder zur besonderen Dramaturgie des Abends aufwies, konnte ebenfalls als Manko empfunden werden. Anstelle etwa für eine vokalsinfonische Requiemkomposition entschied sich die Philharmonie für die 8. Sinfonie c-Moll, Opus 65 von Dmitri Schostakowitsch. Geschrieben im Sommer 1943 rückte damit ein Stück in den Blickpunkt, mit dem der Komponist unmittelbar auf die Kriegsereignisse reagiert hat.

Es ist ein in 40 Tagen niedergeschriebener Wurf - ein sechzigminütiger dramatischer Monolog, der von den ersten Takten an keinen Zwischenruf zuläßt. Diese Sinfonie ist kein Werk zum Nebenbeihören, sie ist schonungslos und gellt dem Hörer mit emotionsgeladenen Ausbrüchen und brutaler Motorik in den Ohren. Des Komponisten eigene Aussagen zu einer Musik über die "Gedanken anläßlich der Siege der Roten Armee" sind zu vernachlässigen - Schostakowitsch hat mehr als einmal Dinge sagen müssen, die ihm letztlich seine künstlerische Haut gerade noch einmal gerettet haben. Was diese Sinfonie mit äußerster Kraft formuliert, ist nicht weniger als ein Fanal gegen den Krieg, gegen Gewalt und Unmenschlichkeit überhaupt.

Chefdirigent Michael Sanderling wählte ein kurzes, aber sinnfälliges Präludium mit Arvo Pärts "Cantus in memoriam Benjamin Britten". Das kurze Stück für eine Glocke und Streicher war geeignet zuhörend zu einer Ruhe zu finden, die nötig ist, um Schostakowitschs Opus überhaupt aufnehmen zu können. Sanderlings Interpretation der Sinfonie war von einer nur als schockierend zu empfindenden Direktheit bestimmt, die aber den melodischen "Text" des Stückes nie vernachlässigte.

Das war gleich im ersten Satz spürbar, den Sanderling von Beginn an intensiv mit dem Wissen um den späten, brachialen Höhepunkt musizieren ließ, dem dann das mit viel Seele musizierte große Englisch-Horn-Solo (Isabel Kern) folgte. Für solch individuelle, starke Äußerung ist danach erst wieder im 5. Satz Platz. Derweil stellen die Mittelsätze die Welt auf den Kopf - kein Stein bleibt in diesen "Scherzi" auf dem anderen.

Sanderling wählte für das Allegretto ein meist schnelles Tempo, bei dem der bohrend scharfe Charakter gewahrt blieb. Ähnlich forciert, aber zumeist kontrolliert und auch dynamisch deutlich abgestuft wurde die groteske Maschinerie im 3. Satz gezeichnet. Nach den ohrenbetäubenden Ausbrüchen am Ende dieses Satzes beruhigte sich in der Passacaglia die Musik, ohne dass irgendein Verlust der Spannung zu bemerken war. Der letzte Satz verheißt bei Dmitri Schostakowitsch keinen endgültigen Trost, es ist zu früh für eine Hoffnung oder eine Vision. Was sich da im Fagott fast mozartesk entfaltet, bleibt eine Ahnung; der ermattet wirkende Schluss will nicht auf das Ruhe verheißende C gelangen, harmonische Fragezeichen stehen im Raum. Nach dieser sehr bewegenden Aufführung war Gelegenheit zum stillen Gedenken - und zum intensiven Nachwirken dessen, was uns Dmitri Schostakowitsch durch seine Töne mitgeteilt hat.
(15.2.14)

Zwei starke Musikerlebnisse

Mozart und Schostakowitsch im Philharmonie-Konzert

Würde man ein Assoziationsspiel machen, bei dem man Interpreten bestimmten Komponisten zuordnet, so wäre die Sache bei der Japanerin Mitsuko Uchida klar: Mozart! Damit unterschlüge man allerdings ihr enormes Repertoire, ihre Liebe zur Kammermusik und zur Liedbegleitung. Und doch darf man es als Geschenk ansehen, diese Künstlerin in einem Klavierkonzert von Wolfgang Amadeus Mozart erleben zu dürfen. Dabei zählt das von ihr für das Konzert mit der Dresdner Philharmonie im Albertinum ausgewählte Konzert B-Dur KV 456 gar nicht einmal zu den populären Werken dieser Gattung.

Des Meisters Notenproduktion hatte im geschäftigen Jahr 1784 gehörig Fahrt aufgenommen und Mozart schrieb die Konzerte nahezu "in Reihe". Die Interpretation von Uchida vermittelte jedoch von Beginn an eine solche Lust und Freude am Hervorlocken der Themen, der Entwicklung und vielfältiger Ausdrucksebenen, dass man fast von einer Vergoldung sprechen muss. Dabei schwebte Uchida niemals über den Dingen; sie sprach nicht über die Musik, sondern ließ "ihren" Mozart sprechen. So gelangen ihr bereits in der Kadenz im ersten Satz traumhaft schöne Phrasierungen und eine simple solistische Akkordsequenz wirkte nicht funktional, sondern wie ein vorgetragenes Gedicht.

Diese Musikalität übertrug sich auch auf die Philharmoniker, die in mancher Pause der Solistin fast andächtig lauschten, dann aber mit Chefdirigent Michael Sanderling den Dialog aufnahmen und für sichere und kontrastreiche Unterstützung sorgten. Damit wäre man eigentlich mit musikalischem Glück ausreichend versorgt gewesen, doch es gab noch ein weiteres tief nachwirkendes Musikerlebnis an diesem Abend: nach der Pause stand die letzte, die 15. Sinfonie von Dmitri Schostakowitsch auf dem Programm.

Obwohl ausgerechnet dieses Werk mit (Selbst-)Zitaten angereichert ein ganzes künstlerisches Leben reflektiert, kann man diese Sinfonie nicht erklären. Ungeschliffen, fast nackt kommt diese Musik daher und stellt Interpreten wie Zuhörer vor große Anforderungen. Michael Sanderling vermied eine zu überspitzte, karierende Haltung und ging der Gefahr aus dem Weg, dass das Stück in seine teilweise schroff aufeinander folgenden Einzelteile zerfällt - gleich der 1. Satz erhielt durch Sanderlings kluge Disposition in den Übergängen ein fatalistisches "Müssen" und lebte von scharfen Kontrasten.

Mit großer Ruhe ging Sanderling das Adagio an - hervorragend ausgehört waren hier die sanften Blechbläserpassagen; auch die Soli des Cellos und der Posaune waren mit empfundenen Ausdruck musiziert. Der kurze 3. Satz wirkte in Sanderlings gemessen genommenen Tempo wie ein kühler Kommentar zur ganzen Sachlage, während der Finalsatz im spannungsgeladenen kammermusikalischen Vortasten den 2. Satz spiegelte. Durch diese Gesamtanlage potenzierte sich die Wirkung des verzerrt-schmerzhaften Höhepunktes kurz vor Schluss, bevor das Werk - der Musik fast enthoben - mit leise tickendem Schlagwerk auspendelte. Danach benötigten Orchester und Zuhörer einige Sekunden der Ruhe, bevor man sich auf dem Podium wie im Auditorium sehr einig war - diese Aufführung war stark.
(10.2.14)

Donnerstag, 6. Februar 2014

Die falschen Töne sind richtig!

Musikland Frankreich im Konzert der TU-Kammerphilharmonie

In bunten Farben und leicht angeschrägt lugt der Eiffelturm vom Programmheft der TU-Kammerphilharmonie, darunter sitzen Leute in einer Brasserie. Die Reiseroute des Konzertes am Sonntag in der Lukaskirche war offensichtlich: auf nach Paris! Dirigentin Monica Buckland hatte für das Programm ihres Ensembles zur Besetzung passende Werke ausgewählt, die einen schönen Einblick in die farbenreiche Musiklandschaft Frankreichs zuließen. Das Konzert sorgte für einiges Staunen und reichlich musikalische Erquickung und darf nur als gelungen bezeichnet werden.

Schon die Atmosphäre zu Beginn versprach Spannung, denn das Studentenorchester kennt eines nicht: lichte Reihen im Publikum. Viele Freunde und Kommilitonen wollten das ambitionierte Programm erleben und wurden nicht enttäuscht. Denn keineswegs ist das, was da so leicht klingt, auch leicht zu spielen. Vor allem die Bläser des hier in sinfonischer Stärke musizierenden Ensembles konnten in den fantasiereichen Partituren viel zeigen - Bucklands sowohl für Ordnung sorgendes als auch motivierendes Dirigat half dabei vorzüglich.

Mit der "Petite Suite" von Claude Debussy tasteten sich die Musiker erst einmal vorsichtig an die impressionistische Klangwelt heran. Buckland ließ hier viel ausspielen, dabei gerieten die ersten beiden Sätze fast ein wenig zu entspannt, dabei aber sehr sorgfältig. Von ganz anderem Holz ist die nur in der Form ähnliche Suite "Le Tombeau de Couperin" von Maurice Ravel geschnitzt - flirrende Bläserpassagen wechseln mit Klangflächen ab, die auch in den Streichern gut ausgehört sein wollen; dazu gilt es auch noch den Rhythmus der alten Tänze zu wahren ohne dass zuviel Gewicht auf den Takten lastet. Man staunte weiter: mit mutigem Spiel überzeugten die Holzbläser, von denen fast jeder in diesem Konzert ein Solo erhielt. In den hohen Streichern hätte man sich etwas mehr prägnanten Zugriff gewünscht, was zugegebenermaßen in der Akustik des Raumes schwer ist.

Voller Musikalität und mit höchst plastischem Spiel begeisterte im Solostück des Konzertes der junge Harfenist Daniel Noll - an der Dresdner Musikhochschule hat er im letzten Jahr sein Studium (bei Nora Koch) aufgenommen. Die frische Interpretation des "Morceau de Concert" von Camille Saint-Saëns schien für Noll trotz betriebsamer Arbeit am Saiteninstrument stets ein Quell der Freude zu sein. Das machte dann auch fast vergessen, dass außer dem perlenden Figurenwerk in der Faktur des Stückes wenig Erinnernswertes zu finden war.

Gegenteiliges ist der Fall in Darius Milhauds Ballettmusik "Le bœuf sur le toit" - vom Impressionismus wechselte das Orchester mühelos in die skurrile poetische Welt von Jean Cocteau. Erneutes Staunen: alle falschen Töne sind hier richtig! Milhauds "Hit" der 20er Jahre wurde von der TU Kammerphilharmonie mit Sinn für die vielen Verzweigungen, "Fanfärchen" und gar Sackgassen widergegeben - ein winziger Wermutstropfen war, dass ein wenig die Konzentration gegen den jazzigen Groove obsiegte, jedoch: Chapeau! für dieses hervorragende Konzert unter dem "schrägen" Eiffelturm.

Mittwoch, 5. Februar 2014

Ein vortreffliches Seufzen und Klagen

Strauss und Mozart im Philharmonie-Konzert

Im letzten Jahr war es in Dresden schon fast ein Geschicklichkeitsspiel, ein Konzert zu besuchen, in dem nicht ein Werk von Richard Wagner auf dem Programm stand. Das Strauss-Jahr scheint etwas ruhiger anzulaufen - mit sechs Konzerten in der laufenden Saison ehrt die Dresdner Philharmonie den Komponisten und bietet damit keinesfalls eine Überdosis an: knapp ein Dutzend Orchesterwerke erscheinen sorgsam zwischen anderen Komponisten eingebettet, Knüller wie die "Alpensinfonie" oder "Also sprach Zarathustra" kommen gar nicht vor - aber das Straussjahr ist ja auch noch nicht mit dem Saisonende im Sommer vorbei. Nach dem ersten Konzert dieser Reihe blieben aber doch etwas gemischte Gefühle angesichts der Programmgestaltung.

Wolfgang Amadeus Mozart gesellte sich zu Strauss auf die Bühne - das ist eigentlich eine gute Wahl, denn zum Thema Mozart und Strauss wäre viel zu sagen gewesen. Doch ausgerechnet die Tondichtung "Tod und Verklärung" wollte nun so gar nicht zu Mozarts feingliedriger "Sinfonia Concertante" Es-Dur passen - allein die gute Interpretation beider Werke rettete die Aufführungsberechtigung. Der japanische Gastdirigent Yutaka Sado hatte für Strauss' frühe Tondichtung ein gutes Rezept: er ließ die Philharmoniker so oft es ging frei musizieren und zeigte plastisch die Linien und Zielpunkte an. Am besten wirkt dieses Stück ohnehin, wenn man das zugrundeliegende Programm ignoriert und sich - im besten Sinne "kopflos" - in die Fluten der Musik stürzt. Da seufzte und klagte es dann vortrefflich im orchestralen Gebälk und die Philharmonie wusste mit dem Strauss'schen Farbenkatalog viel anzufangen.

Veronika Eberle (Violine) und der französische Bratscher Antoine Tamestit waren dann die Solisten in der "Sinfonia Concertante". Sie wurden vom Publikum mit Recht für eine nur herausragend zu nennende Interpretation gefeiert. Stimmig zelebrierten die beiden ein vorzügliches, komplett in der Musik aufgehobenes Miteinander. Dabei legten sie die Phrasierung trotzdem so leicht und federnd an, dass die Instrumente nahezu zum Singen gebracht wurden. Der 2. Satz geriet zwar etwas langsam, aber äußerst betörend, ebenso die kadenzierenden Abschnitte. Dem begleitenden Orchester fehlte etwas die sichere Prägnanz der Solisten - wenige Stellen im 3. Satz hätten mehr Glanz und Witz entwickeln dürfen.

Nach der Pause wurde ein "Interludio" aus Strauss' Aufführungsfassung der Oper "Idomeneo" von Mozart vorgestellt - eine achtminütige Preziose, die vermutlich in einem größeren thematischen Rahmen von Original und Bearbeitung sinnfälliger gewesen wäre. Pompös endete der Abend vornehmlich im Dreivierteltakt - die erst 1945 von Strauss selbst arrangierte Suite aus der Oper "Der Rosenkavalier" entpuppte sich ebenfalls als Entdeckung, denn zumeist wird die "Walzerfolge" auf den Konzertpodien vorgezogen. Yutaka Sado legte dabei flotte Tempi vor ohne die Eleganz der Musik zu vernachlässigen - die brillant instrumentierte Partitur führte er mit vollem Körpereinsatz zu einem glänzenden Finale.

Samstag, 1. Februar 2014

Französische Kostbarkeiten

Nils Mönkemeyer und Andreas Arend in der "Meisterinterpreten"-Reihe

Die Kammermusikreihe "Meisterwerke-Meisterinterpreten" feiert dieses Jahr ihren 60. Geburtstag - Grund genug, mit einem außergewöhnlichen Konzert zu beginnen, das am Sonntag eine große Schar Zuhörer in den Ballsaal im Hotel Königshof in Strehlen lockte, den angestammten Konzertort. Der Reiz des Konzertes lag in der - nur auf den ersten Blick - ungewöhnlichen Besetzung mit Bratsche und Theorbe. Zwar waren die vorgestellten barocken Werke keine Originalkompositionen für die Bratsche, doch Transkriptionen waren damals wie heute Usus, und die Bratsche bietet sowohl die Möglichkeit der virtuosen Flexibilität der Geige als auch die Annäherung an den Klangbereich der Gambe.

Anstelle aber den französisch-italienischen Musikerkrieg des 18. Jahrhunderts auszurufen, stellte Mönkemeyer den Werken von Marais, de Visée, Forqueray und Delalande zwei Solo-Suiten von Johann Sebastian Bach gegenüber. Obwohl auch diese im Ursprung französische Tanzsätze in der Suite vereinigen, tritt die Meisterschaft Bachs in diesem Kontext noch intensiver hervor. Tonarten, Entwicklung, Satzgestalten gehen hier eine nahezu himmlische Verbindung ein - und in der Interpretation von Nils Mönkemeyer war dies ein voller Genuss. Die direkte Akustik der muschelartigen Bühne mag vielleicht einen Interpreten zunächst erschrecken, doch Mönkemeyer wusste genau dies hervorragend zu nutzen, legte Sarabanden-Sätze mit inniger Ruhe an und gestaltete Gigue und Courante im temperamentvollen, niemals überstürzenden Kontrast.

Mit Andreas Arend an der Theorbe hatte Mönkemeyer in den französischen Stücken einen ebenbürtigen Begleiter. Da die beiden Musiker selbst durch das Programm führten, konnte man die Umsetzung der kleinen Charakterstücke, zumeist für das Plaisir rund um die Mahlzeiten am Hofe von Ludwig XIV. bestimmt, plastisch verfolgen. Immer wieder war zu bemerken, dass Mönkemeyer schon für die an sich nicht sehr komplexen Stücke von Marin Marais die volle Klangpalette seines Instrumentes ausnutzte - er traute sich etwa in den das Konzert beschließenden Stücken, die Marais den Winden widmete, auch ein pianissimo, das wirklich den leisesten Lufthauch vermittelte. Die Zuhörer erlebten musikalische Gestaltung auf höchstem Niveau und durften in der Zugabe noch erfahren, dass es in der Barockmusik ab und an herb und deftig zuging - Mönkemeyer und Arend ließen hier die Saiten noch einmal im Tanzrhythmus kräftig vibrieren.

Freitag, 31. Januar 2014

Husch ins Eckchen - zeitgenössische Musik (nicht) im Radio

Wir wissen es alle: der öffentlich-rechtliche Rundfunk definiert den Kulturauftrag gerne selbst - und da kochen viele Köche einen schmodderigen Brei, den wir dann hörend verzehren müssen. Es sollen alle Zuhörerschichten erreicht werden und gleichzeitig muss die Quote stimmen. Die Ausgewogenheit entpuppt sich schon dann als seifige Worthülse, wenn MDR Figaro etwa ein eigenes Studio-Konzert mit Suzanne Vega wochenlang vor und vermutlich wochenlang nach dem eigentlichen Event mit Musik der Künstlerin promotet - auf Sendeplätzen, auf denen eigentlich Vielfalt geboten sein sollte.

Ich komme vom Thema ab. Gestern hieß es wieder einmal: Husch, ins Eckchen. Ein solches "Eckchen", schlappe 55 Minuten Sendezeit pro Woche, ist bei MDR Figaro für ein Format namens "Moderne Musik" reserviert. Früher war es immerhin noch eine komplette Abendsendung. Ansonsten kann man zeitgenössische Musik im Figaro-Programm nichtmal mit einer Lupe suchen, und die Website und Suchfunktion ist ein einziges Desaster: Keine Scripte, keine Erklärungen - ein großes Feature über mein Landesjugendorchesterprojekt 2012 ist beispielsweise einfach verschwunden, die unübersichtliche Website verhindert zudem kolossal, dass man schnell und umfassend seinen Hörinteressen nachgehen kann.

Zurück zur Sendung: eine "breite Zuhörerschicht" wird mit solch einer Notizzettel-Seite sicher nicht angesprochen. Ich hatte zu spät eingeschaltet - für meine breite Leserschicht dieses Blogs reiche ich nach, dass es eine themenbezogene Sendung war, es ging um "Hymnen" in der Musik. Das steht nicht einmal auf der Sendungsseite (die vermutlich morgen ebenso wieder aus dem Web verschwinden wird), stattdessen nur der Satz: "Mit Ausschnitten aus Werken von Karl Amadeus Hartmann, Karlheinz Stockhausen und Moritz Eggert". "Ausschnitte" - das läßt ja schon Schlimmes ahnen und dementsprechend waren auch etwa Karl Amadeus Hartmanns "Hymnen" auf das Finalgetöse reduziert.

Dann aber glaubte ich meinen Ohren nicht zu trauen. Der Autor der Sendung, Mario Plath, der auch moderierte, sprach über ein Klavierstück von Moritz Eggert, welches sich mit den Nationalhymnen beschäftige und teilte mit, dass "das Stück aus Zeitgründen nicht gesendet werden könne, aber auf YouTube zu finden sei". Ein ziemlich unglaublicher Vorgang, war doch Eggert explizit angekündigt. Zudem wurde das Klavierstück als "Hämmerklavier Zwölf" falsch angekündigt (es ist Hämmerklavier XIX, tja, diese komischen römischen Zeichen...).

Stattdessen wurde (ohne weitere Erklärung) der Hymnus von Alfred Schnittke gesendet, auch ein schönes Stück, aber eben nicht Eggert. Mehr noch: Die Sendung kippte danach vollends in die Beliebigkeit, als der Autor Alphons Diepenbrock und Nikolaj Medtner aus dem Hymnen-Hut zog - zwei spätromantische Komponisten, deren Stücklänge locker die zehn Minuten des Eggert-Werks erreichten. Mit Verlaub: die Einbettung dieser beiden Schmonzetten-Stücke war ein ästhetischer Meineid. Der wurde aber am Ende der Sendung gottlob bestätigt, denn der Moderator wünschte "noch einen unbeschwerten Abend".

Soviel zur Kultur im mitteldeutschen Radio.

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van anderen

Was rundes auf 2D ziehen
Mercator projection: a simple analogy pic.twitter.com/BoAQHKpicX —...
Kreidler - 21. Apr, 05:35
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