Donnerstag, 5. Mai 2011

Ideal des schönen Klanges

Mozart und Bruckner im philharmonischen Zykluskonzert mit Karl-Heinz Steffens

Man möchte meinen, das Klarinettenkonzert A-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart ist hinlänglich bekannt und als Klassik-Highlight ohnehin ständig zu hören, doch auf Dresdner Konzertpodien war es länger nicht präsent. So hatten die Zuhörer der Philharmonie einmal Gelegenheit, es wieder frisch in die Ohren zu bekommen. Der ehemalige Klarinettist der Berliner Philharmoniker Karl-Heinz Steffens, der seit 2007 eine enorme Karriere als Dirigent gemacht hat, war sowohl Solist als auch Leiter der Aufführung im 8. Zykluskonzert und brachte seine Erfahrung in die Interpretation ein.

Steffens Grundkonzept ließ das Mozart-Konzert weich und nobel erscheinen. Allerdings war dieser Ansatz durch alle drei Sätze so konsequent durchgeführt, dass dies an vielen Stellen eher zu einem Eindruck von nicht genutztem Potenzial an Farbmöglichkeiten und Konturen führte. Steffens selbst spielte den Solopart immer mit ruhiger Ausgestaltung und feinen Nuancen in den leisen Registern des Instrumentes. Im 1. Satz brauchten die Philharmoniker einige Zeit, um zu gemeinsamer Ausführung zu kommen, was möglicherweise gegen die These spricht, dass Solist und Dirigent alle Aufgaben in einer Person genügend abdecken können. Das Adagio hingegen hatte kein definiertes Tempo und war einem "molto largo" oft gefährlich nahe. Die Ästhetik der Zurücknahme dominierte auch den 3. Satz, ein zupackendes Tutti fehlte sogar dem Schluss.

Vielleicht hatte Steffens die Gegenüberstellung mit der 4. Sinfonie Es-Dur, der "Romantischen" von Anton Bruckner auch derart mit Bedacht gewählt, weil dem streng verfolgten Ideal eines mozartschen Schönklangs nun im Kontrast eine wahre Farbexplosion der Instrumente folgte. Steffens' Zugang zu dieser Sinfonie überraschte in mehrfacher Hinsicht und führte zu großem Jubel des Publikums. Der Dirigent gab sich weder der Aufführungspraxis des hingebungsvollen Gottesdienstes hin, noch fabulierte er in die Vierte seelische Abgründe hinein, die dort nicht hingehören. Stattdessen hatte die Aufführung eine fast unerhörte Selbstverständlichkeit der Musikalität, was sich in einem flüssigen, niemals übersteigerten Grundpuls äußerte und zu freiem, dennoch intensiv von Steffens gefördertem Spiel der Gruppen und Soli führte.

Exemplarisch sind die solistischen Melodieentfaltungen des 2. Satzes zu nennen, zudem ein vortreffliches 1. Horn und ein absolut runder Blech-Satz mit nötiger Kraft, die aber transparent und rhythmisch gut im Gesamtklang eingebettet war. Die Inszenierung dieser Sinfonie als fast frühlingshaft positives Stück mit all ihrer Stärke im Auskosten von Entwicklung, Steigerung und absoluter Ruhe im 2. Satz war völlig überzeugend und fand im Finale einen majestätisch strahlenden Abschluss.

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