Dienstag, 21. Mai 2013

Abonnentenleid

Seit über einer Woche versuche ich erfolglos eine nicht gelieferte Ausgabe der DNN zu erhalten. Ich glaube mittlerweile, es ist einfacher eine Bahnfahrkarte nach Trinidad-Tobago zu lösen, möchte meinen Geschichte aber zumindest dokumentieren.

Montag, 13.5. Statt der abonnierten DNN liegt ein "Neues Deutschland" im Briefkasten. Das kann ich nur als Affront begreifen und pfeffere es natürlich in die Altpapierkiste auf den Briefkästen. Am selben Tag reklamiere ich telefonisch.

Dienstag, 13.5. Es klingelt, ich kann aber gerade nicht aufmachen. Wird der Bote gewesen sein, denke ich, renne also zehn Minuten später hinunter. Nichts im Briefkasten. Der telefonisch erneut bemühte Aboservice gab sich entrüstet: ich solle doch die Tür aufmachen, klar war das der Bote gewesen. Dass er nach erfolglosem Klingeln die Zeitung aber wieder MITNAHM, anstelle einzuwerfen, fand der Aboservice offenbar normal, versprach aber erneute Lieferung.

Donnerstag, 16.5. Im Briefkasten liegt die aktuelle DNN plus eine vom Mittwoch, 15.5., die aber nicht Gegenstand meiner Reklamation war. Dritter Anruf beim Aboservice. "Ja, das ist hier aber richtig notiert - sie wollten doch die Zeitung vom Montag!?" - Mein Kopfkino, die Fähigkeiten des Boten betreffend, nimmt langsam Horrorfilmausmaße an. Weiteres Versprechen des Aboservice mir die Zeitung zu liefern.

Freitag 17.5. nichts.

Samstag 18.5. nichts. Ich schreibe eine Mail an den Vertrieb und schildere den Vorgang.

(Sonntag und Montag Pfingsten - auch Abohotlines und unzurechnungsfähige Boten brauchen mal freie Tage)

Dienstag 21.5. auf meine Mail ist bis jetzt nicht geantwortet worden, stattdessen finde ich auf (!) den Briefkästen eine leere Tüte mit meinem Namen (in einer solchen wurde mir auch schonmal eine Zeitung nachgeliefert). Fragezeichen auf meiner Stirn. Hat er die Tüte etwa außen an die Tür gehangen, obwohl die heutige Zeitung planmäßig im (im Flur liegenden) Briefkasten versenkt wurde? Oder hat er die gefüllte Tüte AUF die Briefkästen gelegt, obwohl ... (siehe oben) ?? Und lesen jetzt meine Nachbarn eine gemopste Zeitung vom 13.5. beim Frühstück ???

Finale: Mi, 22.5. Die besagte Zeitung lag im Briefkasten :-)

Vulkanischer Klangrausch

Magnus Lindbergs "KRAFT" mit den New Yorker Philharmonikern

Sie können auch anders. Und wie! Das erste Konzert der New Yorker Philharmoniker in Dresden war ein glanzvoller Abend innerhalb der Welt der klassischen Konzertmusik. Am Dienstagabend zog das Orchester mit Mann und Maus (und das ist angesichts des riesigen Instrumentariums fast wörtlich zu nehmen) in die VW-Manufaktur, um Musik des 20. und 21. Jahrhunderts vorzustellen. Das gelang keinesfalls mit dem Pflichtanspruch, das ein Orchester "auch mal" neue Musik zu spielen hätte, sondern mit höchster Spielfreude, Neugier am Experiment und der unbedingten Bereitschaft, logistische und kreative Grenzen zu überschreiten, um Unmögliches möglich zu machen.

Dem ersten Teil des Konzertes kam dabei mehr Bedeutung als ein bloßes "Warming Up" zu - mit Christopher Rouse war der aktuelle Composer in Residence der New Yorker Philharmoniker vertreten. Sein kurzes Stück "Prospero's Rooms" mutete - in schnellen Tempi verschiedene Bilderwelten ineinander montierend - wie eine Traumsequenz an. Die Musik scheut sich nicht, in dicken Farben zu malen oder den Zuhörer mit bekannten, oft der Popularmusik entlehnten Stilmitteln an die Hand zu nehmen. Das Ergebnis war bei aller Pluralistik dennoch überzeugend, weil Rouse vor allem die musikalische Zeit mit ordentlich Spannung anfüllte. Akustisch gesehen war hier das Streichorchester der Verlierer des Abends - Chefdirigent Alan Gilbert kitzelte natürlich aus dem gerade einen Monat alten Stück eine sehr gute Interpretation heraus, doch gerade die Streicher gingen in der Akustik im Tutti völlig unter.

Ganz anders war die Situation in Leonard Bernsteins "Serenade nach Platos Symposium" für Violine, Streichorchester, Harfe und Schlagwerk. Das in Bernsteins Werkkatalog ungewöhnlich intim anmutende Stück wurde von Joshua Bell als Solist mit höchst sensibler Klanggestaltung für Raum und Werk angeleitet. Gilbert fügte den hier im Vordergrund stehenden, delikaten Streicherklang und ebenfalls toll ausgehörtes Schlagwerk hinzu - eine wunderbare Hommage an den großen Dirigenten und Komponisten gelang, dessen Name untrennbar mit dem New York Philharmonic Orchestra verbunden ist.

Nach der Pause erwartete man mit Hochspannung das Ereignis des Abends, das sich bereits vor dem ersten Ton schon optisch in der ganzen Manufaktur ausbreitete. Der finnische Komponist Magnus Lindberg ist ein Virtuose auf dem Instrument Orchester; für das Stück "KRAFT" aus dem Jahr 1985 zog er nahezu alle Register und richtete für die Dresdner Aufführung eine spezielle Fassung ein, die im Schlagwerk Autoteile wie Federn, Felgen und alle Arten von Metall vereinte (der obligatorische Hinweis sei erlaubt: Liebe Kinder, bitte nicht nachmachen!). Ein großes Chassis hing kopfüber über dem Orchester, riesige Gongs und Schlagwerkaufbauten verteilten sich rings um das Publikum.

Lindberg hätte das Stück auch STROM nennen können, denn elektrisiert war nicht nur das Publikum von den ersten lärmenden Klängen an, auch die Musiker hatten einiges an "Agility" zu absolvieren - Raumklang, Stimme, Wassermusik und viele gleichzeitig verlaufende Schichten im ganzen Orchester erzeugten ein 3D-Erlebnis, bei dem alle Sinne gefordert waren. Dass die Solisten - Cello, Klarinette, drei Schlagzeuger und Lindberg selbst an Klavier, Gongs und Felge - samt Dirigent weiße Arbeitsanzüge trugen, war hier nicht nur ein Effekt, sondern beförderte den Gedanken eines absolut kreativen Arbeitsprozesses, dessen Ergebnis unglaubliche Klangkaskaden waren, die auch noch von einem der weltbesten Orchester dargeboten wurden.

Am Ende hatte man klingelnde Ohren und das merkwürdige Glücksgefühl, dass in all dieser Betriebsamkeit und Lautheit eben durch den intellektuellen Akt der hochkomplexen Komposition (dank der Internetaufzeichnung ist ein Wiederhören und -sehen möglich) eine verborgene Schönheit auffindbar war, die - gerade die irrealen akzentuierten Metall-Hiebe vor dem leise versiegenden Finale machten das deutlich - lange nachwirken konnte und das Gefühl gab, einen Besuch im Kern eines ausbrechenden Vulkans überlebt zu haben.


* die Konzertaufzeichnung ist über http://www.medici.tv noch 90 Tage im Internet abrufbar.

Glanz und Gloria

New Yorker Philharmoniker eröffnen Dresdner Musikfestspiele

Gleich dreifach wurde die Eröffnung der 36. Dresdner Musikfestspiele vollzogen: einem Prolog in Berlin folgte am Sonntag die Aufführung von Elgars "The Dream of Gerontius" als erstem programmatischen Gruß des "Empires", dem Motto des diesjährigen Festivals. Die offizielle Eröffnung gestalteten die New Yorker Philharmoniker am Montagabend in der ausverkauften Semperoper. Im Rahmen seiner Europatournee gastierte das Orchester mit drei Konzerten in einer Residenz bei den Festspielen - am Sonnabend schon wurden sie in Berlin vom Publikum gefeiert. Die Eröffnung der Musikfestspiele nahm die Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz dann höchstselbst vor.

Alsdann zählte nur noch die Musik. Glücklich konnte sich schätzen, wer dem Konzerterlebnis dieses weltberühmten und traditionsreichen Ensembles beiwohnen durfte, denn allzu oft gastieren die besten Orchester der Welt leider nicht in Dresden. Wolfgang Amadeus Mozarts Sinfonien und Konzerte zählen natürlich zum Repertoire des Orchesters, wenngleich man die New Yorker nicht sofort als Spezialisten für diese Musik ausmachen würde - Chefdirigent Alan Gilbert tritt da vor allem in die Fußstapfen von Leonard Bernstein und Bruno Walter.

Mit der "Linzer Sinfonie" C-Dur präsentierten die New Yorker einen der vielen wahrlich im Handumdrehen entstandenen Geniestreiche des Komponisten. Gilberts Lesart war immer flüssig und selbstverständlich, was aber auch der arg schnell musizierten Adagio-Einleitung die Feierlichkeit nahm. Klanglich ist dieser Mozart sicher gewöhnungsbedürftig - die New Yorker verstehen sich auf ein vollmundiges Ausspielen der Töne, was aber im Andante auch zum Hervorbringen einer gewissen Noblesse der musikalischen Ereignisse hätte zurücktreten dürfen. Sehr zu genießen ist an jeder Stelle die Homogenität des Ensembles - Gilbert musste nur wenige Nuancen vom Dirigentenpult hinzufügen.

Ernest Blochs Kompositionen sind da von anderem Kaliber - zwischen Spätromantik und Moderne ist das Werk des Schweizers, der ab 1916 in den USA lebte und wirkte, anzusiedeln. Von der jüdischen Seele handelt eines seiner bekanntesten und auch aufwühlendsten Stücke: die Rhapsodie "Schelomo" für Cello und Orchester. Intendant Jan Vogler, der auch in diesem Jahrgang der Festspiele wieder zwei Konzerte als Solist mitgestaltet, stürzte sich mit großem Legato-Ton in den emotional drängenden Fluß des Stückes, das sich zweimal zu melancholisch-düsteren Höhepunkten aufschwingt, auf die Vogler mit schön ausmusizierten Kantilenen reagierte. Gilbert forderte hier große musikalische Leidenschaft heraus und man bewunderte die Strahlkraft der Bläser ebenso wie die dynamische Flexibilität in den oft herausfahrenden Streicherpassagen. Damit brach man auch eine Lanze für den Komponisten, der zumindest in Europa viel zu selten gespielt wird.

Die Entscheidung für Mussorgskis "Bilder einer Ausstellung" (in der Orchesterfassung von Maurice Ravel) als Finalwerk des Konzertes war eine für Glanz und Gloria - die New Yorker konnten hier ihre Stärken voll ausspielen. Freundlich, aber bestimmt war die Gangart dieses Ausstellungsbesuches, bei dem kein Detail ausgelassen wurde und alle Geschichten und Figuren der Gemälde hervorragend in scharf konturierten Instrumentalsoli ausgekostet wurden. Atemlos lauschte man der lebendig und perfekt von der Trompete vorgetragenen Promenade wie auch später den harmonisch fantastisch ausgehörten "Katakomben", bevor das "Große Tor von Kiew" diese Aufführung, die Gilbert mit Übersicht und ruhiger Gestaltung aus einem Guss formte, strahlend beendete. Den frenetischen Beifall im Publikum beantwortete das New York Philharmonic Orchestra zunächst mit dem Intermezzo aus Puccinis Oper "Manon Lescaut". Den fulminanten Schlusspunkt aber setzte das Blechbläserquintett des Orchesters, das mit dem Ragtime "That's a Plenty" nicht nur die Zuhörer von den Stühlen riss, sondern damit auch einen augenzwinkernden Gruß hinüber zum Dixie-Festival aussandte. So präsentierten sich die New Yorker schon fast heimisch in Dresden und man darf stark hoffen, dass weitere Besuche des Orchesters folgen werden.

Mit dem Charme der Seriösität

Konzert für "Sir Colin" der Sächsischen Staatskapelle Dresden

Er war "der Sir". In dieser freundlichen, freundschaftlichen Formulierung der Dresdner Musiker steckt Augenzwinkern und Verbundenheit, aber auch viel Wahrheit. Unmöglich scheint es, die Lebensleistung des britischen Dirigenten Sir Colin Davis in wenigen Worten zu erfassen, doch fest verankert sind viele tiefgehende musikalische Erlebnisse mit dem "Sir". In den vergangenen über dreißig Jahren, in denen er der Sächsischen Staatskapelle - seit 1990 als Ehrendirigent - eng verbunden war, stand Davis oft und gerne am Pult des Orchesters, im Graben und auf der Bühne ebenso wie im Tonstudio und auf Tourneen.

Es war dem Orchester und der Semperoper, deren Ehrenmitglied Davis ebenfalls war, daher ein selbstverständliches, wichtiges Anliegen, Davis mit einem Konzert zu verabschieden. Am Himmelfahrtstag versammelten sich viele Musikfreunde, Weggefährten und auch ehemalige Staatskapellisten, um Davis zum Gedächtnis Worten und Musik zu lauschen.

Der 1983 geborene Robin Ticciati, der von Davis lange Zeit als Lehrer und Mentor begleitet wurde, leitete die Sächsische Staatskapelle in einem Programm, das bewusst kein Requiem enthielt, sondern das Publikum noch einmal nahe zu der von Davis geliebten Musik brachte. Viele Aufführungen von Kompositionen von Elgar, Berlioz und Mozart dirigierte Davis in Dresden, aber auch Beethoven, Schubert und Sibelius interpretierte er wiederholt. Orchesterdirektor Jan Nast benannte in seiner Begrüßung den "Charme der Seriösität", den Davis ausstrahlte, und der in der langen Beziehung zur Staatskapelle von Beginn an den musikalischen Funken überspringen ließ. Solocellist Friedwart Christian Dittmann ließ die gemeinsamen Ereignisse Revue passieren und zeichnete das Bild eines stets wachen Geistes, der in den Proben nur wenige Worte benötigte und viel auf natürlichen Fluß der Musik und Zuhören im Ensemble setzte, aber in einer Zeit voller Umbrüche gerade vor und nach der Wende auch wichtige Impulse für die Entwicklung des Orchesters gab.

Der musikalische Funke, die enorme Spannung, die Davis vom ersten Ton an aufzubauen vermochte, war der Saatboden für eine musikalische Urgewalt, die der ehemalige Operndirektor Rolf Wollrad in seinen Gedenkworten benannte. Eine "Lichtgestalt", die sowohl die Leichtigkeit des Mozart-Spiels förderte als auch ein neues Spektrum an Repertoire in die Kapellkonzerte brachte - nicht zuletzt auch in die Aufführungsabende des Kammermusikvereins der Kapelle. Der Kontakt ging natürlich oft weit darüber hinaus, als musikalischer Berater war er ebenso geschätzt wie als Förderer des Nachwuchses am Landesgymnasium für Musik oder in der Musikhochschule.

In Erinnung bleibt eine große Künstlergestalt, die - so schlicht es klingen mag - Glück und Freude mit der Musik verbreitete, nicht mehr und nicht weniger. Insofern war auch Robin Ticciatis fließender Ansatz für die Streicherserenade von Elgar, der "Szene auf dem Lande" aus der "Symphonie Fantastique" von Berlioz der Musik dienlich. Das Finale aus Mozarts letzter Oper "La Clemenza di Tito" wurde berückend schön von einem Sextett um Tenor Daniel Behle (Tito) und dem Sächsischen Staatsopernchor musiziert. Der Lebensbejahung und Milde am Ende dieses Werkes hätte Davis hier nach der letzten Note ein sanftes Lächeln hinzugefügt - sein bescheidener Dank an die Musik, die stets im Mittelpunkt seines Wirkens stand.

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