Montag, 28. Januar 2013

Traum XLVI

[erster Traum @neue Wohnung]

1: Flug nach Tokyo. 2: Stempel in einen uralten Impfpass 3: Streit mit einem Dirigenten über Strawinsky.

Feuer frei für den "Titan"

Brahms und Mahler im Konzert der "medicanti"

Liegt da "Titanisches" in der kalten Luft des neuen Jahres? Oder soll mit den Vogellauten zu Beginn der 1. Sinfonie von Gustav Mahler ein Hauch von Frühling herbeigesehnt werden? Diese Fragen kommen derzeit auf, weil das großbesetzte Epos des Spätromantikers in Dresden gleich drei Mal innerhalb von zwei Monaten zu erleben ist. Just ist es noch von der Staatskapelle im Ohr, die Philharmonie wird sich im Februar in die Partitur vertiefen und am Sonntag stand das Werk auf dem Programm des Konzertes des Orchesters "medicanti" - dem Orchester der medizinischen Fakultät der TU Dresden.

Mahler von einem Laienorchester? Aber ja doch! Der Zweifel entpuppt sich schnell als flüchtige Seifenblase, wenn man Geschichte und Anspruch dieses Ensembles betrachtet. Seit 26 Jahren sind die "medicanti" in der Dresdner Musikszene aktiv, und sie haben vor allem in den letzten Jahren unter Leitung von Wolfgang Behrend einen großen Qualitätssprung gemacht. Auch von der Besetzung her ist man in der Lage, spätromantisches Repertoire zu verwirklichen. Herz, Können und Engagement aller Mitglieder gibt es inklusive, und man darf nicht vergessen, dass für ein solches Programm gut ein halbes Jahr hart geprobt wird.

Die Lorbeeren durften die "medicanti" in der Kreuzkirche ernten, und zwar von einem restlos begeisterten Publikum, das - keinesfalls Mahler-überdrüssig - in Scharen erschienen war, so dass sogar die Emporen geöffnet wurden. Mahler zur Seite gestellt war passenderweise das Violinkonzert D-Dur von Johannes Brahms. Interpretiert wurde es von der jungen Dresdner Solistin Anna Matz, die selbst vor ihrem jetzigen Geigenstudium in Weimar mehrere Jahre im Orchester mitspielte. Schön war ihr jederzeit im Kirchenraum vernehmbarer großer, sauberer Ton und ihr selbstbewusster Zugriff - das Orchester hätte in der Begleitung gar nicht so viel Vorsicht walten lassen müssen.

Man merkte jederzeit, wieviel Detailarbeit im Solopart steckte, doch ging durch den Ansatz eines überbreiten Ausspielens jeder Phrase im 1. Satz ein wenig die kontrastreiche Spannung des Themenwechselspiels verloren. Sehr viel überzeugender waren die anderen beiden Sätze ausgestaltet - Matz fand hier zu einem lockerem, lyrischen Spiel und kostete schließlich die Raffinessen des Finales gut aus.

Was dann nach der Pause auf die Zuhörer einströmte, kann in der Summe nur als beeindruckend bezeichnet werden. Behrend hatte das große Ensemble für Gustav Mahler optimal vorbereitet und betreute die Klangmassen sorgfältig und motivierend. Man geriet ein ums andere Mal ins Staunen: glasklare Ferntrompeten zu Beginn, harmonisch heikle Wechsel in makelloser, von Behrend auch sinnvoll ausmusizierter Ausführung, dann immer wieder plötzliche Eruptionen oder markante Akzentuierungen im Blech oder im Schlagzeug - die Liste der feinen Klangmomente ist lang. Nach der stets sicheren Fahrt durch "schwere Wasser" mit groteskem Scherzo und intensivem Trauermarsch hieß es "Feuer frei" für das dramatisch anhebende Finale.

Und auch hier bewahrten medicanti Contenance und überzeugten in allen Stimmgruppen. Als schließlich auch noch der gefährliche Soloeinstieg der Bratschen überaus klangvoll die schmetternde Reprise vorbereitete, atmete man durch, lauschte dem sich erhebenden Hörner-Septett und war am Ende baff: dass mir noch jemand erzählt, für Laienorchester käme Mahlers Sinfonik keinesfalls in Frage, verneine ich mit dem Hinweis auf dieses tolle Musikerlebnis zukünftig gerne.

Spontan und ausgewogen

Werke von Johannes Brahms im 5. Kammerabend der Staatskapelle.

Die laufende Konzertsaison der Sächsischen Staatskapelle bietet für Liebhaber der Musik von Johannes Brahms viele Höhepunkte. In den Orchesterkonzerten sind dies die Sinfonien und Solokonzerte, doch der Brahms-Reigen setzt sich auch in den Kammerabenden fort. Und das ist lobenswert und folgerichtig, denn gewichtige Kammermusikwerke gingen den sinfonischen Werken voraus, bilden gleichsam Herz und Schlüssel zum späteren Orchesterkosmos des Komponisten. Ungewöhnlich groß war das Publikumsinteresse für diesen 4. Kammermusikabend.

Das lag sicher nicht nur an der Popularität der Brahms-Werke, sondern auch an einem besonderen Gast des Abends. Myung-Whun Chung, neuer erster Gastdirigent der Kapelle und soeben mit einem Messiaen-Mahler-Programm im 5. Sinfoniekonzert gefeiert, hatte sich gerne bereiterklärt, den Klavierpart im kompletten Konzert zu übernehmen. Chung ist einer der wenigen Dirigenten, die regelmäßig am Klavier konzertieren. Extravagante Ausflüge sind die Sache Chungs nicht, diese Mitwirkung ist schlicht ein bescheidener, mit Kompetenz und spendabler Musikalität ausgeführter Freundschaftsbeweis.

Nicht unerwähnt bleiben darf ein der Jahreszeit geschuldeter gesundheitlicher Unbill, der auch ein Orchester nicht verschont. So stand das Programm des Kammerabends erst kurzfristig fest, sprang Andreas Kuhlmann an der Bratsche im so benannten "Arabella Quartett" ein, über das man leider ansonsten uninformiert blieb. Sollte man einer Neugründung eines - mit Peter Bruns am Cello quasi erweiterten staatskapellischen Ensembles (mit Matthias Wollong und Jörg Faßmann, Violine) beigewohnt haben, so war der Einstand gelungen.

Mit dem Trio H-Dur Op. 8 und dem Quintett f-Moll Op. 34 standen zwei Meisterwerke von Johannes Brahms auf dem Programm, die sich selbst genügten und keines Füllmaterials bedurften. Im H-Dur-Trio merkte man im Eingangssatz noch deutlich ein vorsichtiges Abtasten, hielt sich auch Chung am Klavier noch mit selbstbewusster Präsenz zurück. Doch einmal gestartet, verleitete die mehr und mehr spürbare Harmonie untereinander das Ensemble zu einer guten Interpretation, die auf viel Zuhören und maßvollem, differenzierten Spiel beruhte. Einem vor allem von Chung äußerst lässig und natürlich dargebotenen Scherzo folgte das empfindsam ausmusizierte Adagio; fulminant klang dieses stürmische Werk des 20jährigen Brahms aus.

Das nach der Pause musizierten Klavierquintett f-Moll war dieser Leistung ebenbürtig, wenngleich dieses Werk in gewisser Weise in der Klanggestalt erwachsener, seriöser daherkommt. Gut abgestuft waren die verschiedenen Kombinationen im gegenseitigen Zuwurf der Themen in den fünf Instrumenten, besonders das Finale war in der Entwicklung vom ruhigen Beginn bis zum herausbrechenden Furioso gut gezeichnet. Sicherlich lag aus verschiedenen Gründen in diesem Konzert der Schwerpunkt nicht auf einer lange gereiften und völlig durchdachten Interpretation, sondern auf einer spontan entwickelten, dennoch im wissenden Miteinander sich ausgewogenen präsentierenden Kammermusik. Dieses Konzept, vereint mit dem engagiert demonstrierten Können aller Beteiligten, füllte die Musik von Brahms jederzeit mit Leben und Verständnis.

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