Samstag, 19. November 2011

Fruchtbare Verbindungen

Sinfoniekonzert im Rahmen der Tschechisch-Deutschen Kulturtagein der Musikhochschule

Dank der gemeinsamen historischen Wurzeln und der Initiative kultureller Initiativen und Stiftungen ist Tschechien und insbesondere Böhmen näher an Sachsen herangerückt - der aktuell lebendige Austausch von Kunst, Musik, Kultur verweist immer auf gemeinsame Wurzeln, aber auch auf spannende Gegenwart: auch im Bewusstsein auf die Unterschiede zwischen beiden Ländern kann sich Gemeinsames entwickeln.

So stand das Sinfoniekonzert in der Hochschule für Musik im Rahmen der 13. Tschechisch-Deutschen Kulturtage eben für diesen Austausch: Die Brücke/Most-Stiftung feierte damit das 10jährige Jubiläum ihres Stipendiatenprogramms, das tschechische und slowakische Studentinnen und Studenten an der Musikhochschule Dresden unterstützt. Drei Absolventinnen dieses Programms stellten sich im Konzert vor, die Nordböhmische Philharmonie Teplice musizierte unter der Leitung des Dresdner Hochschulrektors Ekkehard Klemm höchstselbst. Das ansprechende klassische Programm sorgte für einen vollen Konzertsaal und die entsprechend festliche Atmosphäre.

Fast schon eine Selbstverständlichkeit war es, dass die ersten beiden Werke aus der Feder von Antonín Dvořák stammten. Für die Auftritte der beiden Streichersolistinnen wurden allerdings nicht die beiden Konzerte ausgewählt, die auch den Rahmen des Konzertes gesprengt hätten. Eva Jamníková (Klasse Prof. Ivan Zenatý) spielte mit schönem Ton die ebenso virtuose wie musikantische "Mazurek", Opus 49 für Violine und Orchester. Natália Skvorcovová (Klasse Prof. Emil Rovner) schloss sich mit der warm empfundenen "Waldesruh" aus Opus 68 an. Die Kürze der Stücke konnte indes nur ein Schlaglicht auf das Können der beiden Solistinnen werfen - diese Aufgabe lösten sie allerdings mit Bravour und kaum sicht- oder hörbarem Lampenfieber. Ekkehard Klemm begleitete mit der Philharmonie Teplice kundig und mit guter Ausbalancierung der Dynamik, um den Solostimmen Raum zu geben. Der Pianistin Hana Vlasáková (Klasse Prof. Arkadi Zenzipér) war dann ein ganzes Konzert vergönnt, das überdies zu den sehr populären Vertretern des Genres gehört: das Klavierkonzert G-Dur von Maurice Ravel. Dass die junge Pianistin das temperamentvolle Konzert technisch mit souveräner Lockerheit bewältigte, beeindruckte. Nicht immer einverstanden konnte man indes mit ihren Temporückungen im 1. Satz sein; ein recht lapidarer Zugang zum Adagio überraschte zudem, war aber durchaus charaktervoll durchgehalten. Grundsätzlich gab es noch einiges Potenzial - auch im Orchester - für eine Leichtigkeit des Zuganges, die im Ergebnis eine schärfere Zeichnung des Werkes ermöglicht hätte.

Die 8. Sinfonie von Ludwig van Beethoven im Programm bildete nicht bloß das sinfonische Abschlusswerk, denn die Skizzen zum Werk doch 1812 bei einem Kuraufenthalt Beethovens in Teplitz entstanden. So schloss sich ein Kreis der fruchtbaren musikalischen Verbindungen, und die schwungvolle, auf viele Details eingehende Interpretation des aufmerksam den Intentionen von Ekkehard Klemm folgenden Orchesters tat ein übriges für dieses gelungene Konzert.

Zum Weiterdenken geeignet

"Erste Anhörung" der Dresdner Philharmonie in der Musikhochschule

Wenn man sich der "Ersten Anhörung", die die Dresdner Musikhochschule in Zusammenarbeit mit der Dresdner Philharmonie einmal pro Saison veranstaltet, widmet, muss zunächst die einschränkende Bemerkung fallen, dass es sich nicht um ein Konzert im üblichen Sinne handelt. Moderator Wilfried Krätzschmar wies in seinen einleitenden Worten auch darauf hin, dass hier jungen Kompositionsstudenten die Möglichkeit gegeben wird, mit einem professionellen Orchester Stücke zu erarbeiten - eine Idee, die in Dresden übrigens schon eine lange Tradition hat: kurz nach der Wende war es noch das Sinfonieorchester Pirna, in dessen Probestätte Carolabad die Dresdner Studenten einmal im Jahr pilgerten, um ihre neuesten Töne auszuprobieren.

Heute verfügt die Hochschule selbst über einen hervorragenden Konzertsaal und so war die Philharmonie nun zu Gast, um drei neue Stücke in einem Probenworkshop am Montag kennenzulernen und am Abend dem Publikum zu präsentieren. Abwechslung garantierten diesmal die sehr unterschiedlichen Handschriften der Komponisten. Christian Rheber (*1980) stellte zwei Sätze unter dem Titel "Spiegel Stücke" vor, die starken Bezug zur Tradition aufwiesen, der nicht von der Hand zu weisen ist: Rheber arbeitet auch in der Film- und Popmusik. Allerdings schienen die beiden Sätze in ihrer völlig unterschiedlichen Stilistik kaum unter einen Hut zu passen, zudem waren die Sprecherparts im 2. Satz teilweise vom Orchester zugedeckt.

Eine ähnliche Problematik wies Arman Gushchyans (*1981) "Peri-Ge" auf, hier sprachen die Musiker Textfragmente, deren Herkunft weder das Programmheft verriet noch waren diese deutlich zu vernehmen. Dabei hatte gerade dieses Stück in seiner wuchernden Natur-Nähe einiges an Reiz zu bieten: Gushchyan schrieb einen sehr detailreichen Orchestersatz, in dem sogar die Besetzung und Verteilung der Instrumente neu definiert wurde. In vorsichtig voranschreitender Klanglichkeit bewahrte Gushchyan donnernde Höhepunkte bis zum letzten Drittel auf und hatte so auch eine wirkungsvolle formale Struktur für das Stück gefunden.

Tobias Schick (*1985) benannte sein Orchesterstück "o.T." (ohne Titel) und führt den Zuhörer damit natürlich gleich auf den Boden der Spekulation: solcher Absicht muss ein Programm innewohnen! Doch auch ohne Beschreibung konnte der Hörer staunen, wie kurze und längere Klangflächen ineinander verwoben und verschoben waren, bevor ein Höhepunkt einen Registerwechsel in tiefste Regionen erforderlich machte und das Stück plötzlich ein Ende fand. Das "Weiterdenken" wird bei allen drei Werken sicher einsetzen und sich in einer Fortsetzung oder einem neuen Werk niederschlagen. Die Dresdner Philharmonie spielte die Novitäten mit dem großem Anspruch der Konzertreife, die allerdings hier auch nicht verlangt war - es klang dennoch sehr ansprechend.

Dem Dirigenten Lennart Dohms, Absolvent der Dresdner Musikhochschule, wurde anschließend der Kunstpreis der Hanna Johannes Arras Stiftung verliehen, eine Auszeichnung bürgerschaftlichen Engagements, die seit 11 Jahren vor allem junge Künstler ehrt, die sich im Kulturleben Dresdens verdient machen.

mehrLicht

Musik Kultur Dresden

Aktuelle Beiträge

Sie haben ihr Ziel erreicht.
Liebe Leserin, lieber Leser dieses Blogs, sie haben...
mehrLicht - 20. Jul, 12:04
Ein Sommer in New York...
Was für eine Überraschung, dieser Film. Der Uni-Professor...
mehrLicht - 19. Jul, 21:53
Sturmlauf zum Schlussakkord
Albrecht Koch beim Orgelsommer in der Kreuzkirche Auch...
mehrLicht - 14. Jul, 18:54
Wenn der "innere Dvořák"...
Manfred Honeck und Christian Tetzlaff im 12. Kapell-Konzert Mit...
mehrLicht - 14. Jul, 18:53
Ohne Tiefgang
Gustav Mahlers 2. Sinfonie im Eröffnungskonzert des...
mehrLicht - 14. Jul, 18:51
Sich in Tönen zu (ent-)äußern
Staatskapelle Dresden spielt Schostakowitschs "Leningrader"...
mehrLicht - 14. Jul, 18:50
Chopins Cellowelten
Kammerkonzert der Dresdner Philharmonie mit Sol Gabetta Für...
mehrLicht - 14. Jul, 18:48
Fest der Klangfarben
Saisonabschluss der Dresdner Philharmonie im Albertinum Verklungen...
mehrLicht - 14. Jul, 18:46

Lesen!

Hören!

van anderen

Was rundes auf 2D ziehen
Mercator projection: a simple analogy pic.twitter.com/BoAQHKpicX —...
Kreidler - 21. Apr, 05:35
Passfarben
Was da wohl für eine Psychologie dahintersteckt. Colors...
Kreidler - 20. Apr, 05:34
Niedergang auf dem Buchrücken
The expressive design of the 1946 edition of Gibbon's...
Kreidler - 19. Apr, 05:34
Rhythmen aus alten Zeiten
Zürich HB Flap (at MuDA)2016(Sound on!) pic.twitter.com/wZWdRI6AaP —...
Kreidler - 18. Apr, 05:33
Origamitanz
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram...
Kreidler - 17. Apr, 05:04
Vom Glasstapel
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram...
Kreidler - 16. Apr, 05:04

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

stuff

PfalzStorch Bornheim Pinguin-Cam Antarktis
Conil de la Frontera
Kram Blogverzeichnis - Blog Verzeichnis bloggerei.de

Status

Online seit 6699 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:08

Credits


Dresden
hörendenkenschreiben
nuits sans nuit
Rezensionen
Weblog
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren