Mittwoch, 9. August 2006

Volver

Ach, ich kann gar nichts Vernünftiges schreiben über diesen Film (die Rezension in der Zeit, siehe Link, fasst meinen Eindruck jedenfalls ganz gut zusammen...). Es ist Almodóvar, ein guter, ein ehrlicher Film, der ernste Themen, leise Komik, die aber nie "lustig" ist und durch Regie und Kameraführung überzeugt. Und dann sind es immer wieder diese Details, die mich beeindrucken, z.B. der Oleander im Hof von Tante Paulas Haus, der zu Beginn zartlila strahlt, später, wenn sich die Frauen dort wieder treffen, verblüht ist. Ok, ewige Kritiker mögen entgegnen: die übliche Masche, der Regisseur arbeitet seine eigenen Probs auf usw. - erstens machen das aber fast alle durch Kunst, zweitens gelingen manchen Künstlern so intensive Bilder und Aussagen, dass man sich einfach nur still bedanken möchte. Wer von diesem Film nicht an irgendeinem Zipfel seiner Emotionen gepackt wird, der ähm...ja, soll eben mit Fluch der Karibik 2 glücklich werden. (Dieser Hinweis gilt insbesondere den Mädels aus der 8. Reihe gestern, die Almodóvar mit ner pubertären Giggelkomödie verwechselten). "Volver", der insbesondere zur Beschäftigung mit der eigenen Geschichte, mit den jedem innewohnenden Fragen nach Herkunft, Werden und Sein einlädt, ist feines, großes Kino. Und fast schon unauffällig kommt die schauspielerische Leistung von Penélope Cruz, Carmen Maura und Lola Duenas daher, das macht den Film endgültig zum Genuss. Und bitte OF oder OmU gucken :)


(Quelle)

Konzert ohne Grenzen

Junge Deutsch-Polnische Philharmonie Niederschlesien gastiert in der Kreuzkirche

Sechs Jahre gibt es sie schon, die Junge Deutsch-Polnische Philharmonie Niederschlesien, welche Musiker aus Deutschland und Polen vereint und jedes Jahr im Sommer ein Konzertprojekt mit Konzerten diesseits und jenseits der Grenze veranstaltet. Regelmäßig führt dabei der Weg auch nach Dresden, diesmal war es das Abschlusskonzert der einwöchigen Tournee. In der konzertarmen Sommerzeit ist das Konzertpublikum erfreut über solch ein Gastspiel, so war die Kreuzkirche recht gut gefüllt. Die schwierige Akustik der Kirche war ein wenig problematisch für die Musiker, die dynamische Balance war nicht immer gegeben. Das Programm war in diesem Jahr von nicht so hohem Anspruch, wie man es bisher von diesem jungen, temperamentvollen Orchester kennt. Zeitgenössisches war diesmal gar nicht vertreten, ich weigere mich, die belanglose Suite "Colas Breugnon" von Tadeusz Baird als solche anzuerkennen. Die höchstens als Bühnenmusik tauglichen barockartigen Stilversatzstücke machten auf dem Konzertpodium keine gute Figur, obwohl Katarzyna Jablonska (Flöte) ihre wenigen solistischen Parts gut spielte. Der herausragende Erfolg von Wojciech Kilars Werk im letzten Jahr bewies jedoch, dass gerade jugendliche Musiker zu zeitgenössischer Musik einen unverkrampften, lebendigen Zugang haben, insofern hätte man sicher ein anspruchsvolleres Werk wählen können. Auch die anderen Werke des Abends stellten für die Musiker keine wirklichen Herausforderungen dar, denn mann muss konstatieren, dass im Orchester ein hervorragendes Niveau vorherrscht, die Streicher klingen sehr ausgewogen und die Werke waren gut einstudiert. Jan Jakub Bokun am Pult führte zunächst durch die ausgelassene "Festliche Ouvertüre", Opus 96 von Dmitri Schostakowitsch. In Mozarts Sinfonia Concertante Es-Dur KV 297b waren einige Male Temposchwankungen zu hören, Bokun hätte außerdem in diesem Raum prägnanteres Spiel fordern können. Die Solisten Karolina Kownacka (Oboe), Mateusz Maszynski (Klarinette), Urszula Moc (Fagott) und Maciej Baranowski (Horn) begingen mit diesem Werk sozusagen ihren Abschied von dem Orchester und stellten ihre musikalischen Fähigkeiten eindrucksvoll unter Beweis; da war die Solokadenz des 1. Satzes ebenso eine Freude wie der vital musizierte 3. Satz. Eine Zusammenstellung aus der "L'Arlesienne-Suite" von Georges Bizet bildete den Abschluss des Konzertes, hier überzeugte vor allem das warm timbrierte "Adagietto". Herauszuheben gilt, dass sich hier länderübergreifend in jedem Sommer junge Musiker für mehrere große Konzerte zusammenfinden, diese glückliche Verbindung jenseits aller Grenzen gilt es unbedingt aufrechtzuerhalten.

Unter dem Brennglas

Haydn, Mendelssohn und Mozart mit dem Minguet-Quartett

Vier Instrumente, vier Stimmen. Eigentlich eine überschaubare Sache. Doch es ist höchste Kompositionskunst, ein Streichquartett zu schreiben und was da nur scheinbar so leicht über die Bühnenrampe kommt, ist auch für Interpreten stets eine immense Herausforderung. In der Reihe "Musik an den Höfen des Meißnischen Landadels" gastierte im vollbesetzten Saal von Schloss Proschwitz bei Meißen das Minguet-Quartett (Köln/Düsseldorf). Der Applaus am Ende schien mir fast zu höflich, wusste man denn im Meißner Lande überhaupt, wen man vor sich hatte? Das Minguet-Quartett (Ulrich Isfort und Annette Reisinger, Violine; Irene Schwalb, Viola; Matthias Diener, Cello) hat sich in den letzten Jahren zu einem der führenden Streichquartette in Deutschland gemausert, stil- und programmsicher hat dieses Quartett vor allem eines: eine hohe Spielkultur und einen starken, wiedererkennbaren Charakter. Souverän erarbeitet und dennoch mit dem Mut zum Konzertrisiko waren die Interpretationen: der "Vater" des Streichquartetts, Joseph Haydn, wurde hier nicht wie oft als Einspielstück missbraucht sondern gleich wie unter einem Brennglas durchleuchtet, in feingesponnene Fäden zerlegt und wieder zu großem Zusammenhang gefügt. Schade, dass zeitgenössische Musik bei diesem Konzert nicht gefragt war, denn diese ist eines der Hauptbetätigungsfelder des seit 1997 in dieser Besetzung spielenden Quartetts - derzeit etwa spielen die Musiker alle zwölf Streichquartette von Wolfgang Rihm ein. Und doch war der "zeitgenössische Zugang" selbst in Mendelssohn-Bartholdys 2. Streichquartett a-Moll deutlich zu hören: die Akustik optimal ausnutzend wurde die Dramaturgie stimmig angelegt, die phänomenalen Satzschlüsse etwa und das kommunikative Zuwerfen der musikalischen Bälle waren stets spannungsgeladen. Ganz selten einmal gerieten vorwärtsstürmende Passagen in gefährliches Terrain, doch die nächste bei allen vier Spielern optimal unter Kontrolle gehaltene Passage machte das mehr als wett. So formt sich aus Sätzen und Werken ein großes Klangbild, das dem Hörer weitaus mehr erklärt als eine verbale Partituranalyse dies leisten könnte. Das erste der so genannten "Haydn-Quartette" von Mozart, G-Dur KV 387, stand am Schluss des Programms, die Interpretation jedoch schlug besonders im kernigen Andante cantabile fast einen Bogen zu Beethoven. Wer Mozart als "verspielt" verkennt, sollte dessen Streichquartette hören, und dies am besten mit dem Minguet-Quartett. Mit der "Canzone" von Erwin Schulhoff als Zugabe in den Abend entlassen, war man um mindestens eine Weisheit reicher: auf dem Lande spielt die Musik, und dies hochklassig.

mehrLicht

Musik Kultur Dresden

Aktuelle Beiträge

Sie haben ihr Ziel erreicht.
Liebe Leserin, lieber Leser dieses Blogs, sie haben...
mehrLicht - 20. Jul, 12:04
Ein Sommer in New York...
Was für eine Überraschung, dieser Film. Der Uni-Professor...
mehrLicht - 19. Jul, 21:53
Sturmlauf zum Schlussakkord
Albrecht Koch beim Orgelsommer in der Kreuzkirche Auch...
mehrLicht - 14. Jul, 18:54
Wenn der "innere Dvořák"...
Manfred Honeck und Christian Tetzlaff im 12. Kapell-Konzert Mit...
mehrLicht - 14. Jul, 18:53
Ohne Tiefgang
Gustav Mahlers 2. Sinfonie im Eröffnungskonzert des...
mehrLicht - 14. Jul, 18:51
Sich in Tönen zu (ent-)äußern
Staatskapelle Dresden spielt Schostakowitschs "Leningrader"...
mehrLicht - 14. Jul, 18:50
Chopins Cellowelten
Kammerkonzert der Dresdner Philharmonie mit Sol Gabetta Für...
mehrLicht - 14. Jul, 18:48
Fest der Klangfarben
Saisonabschluss der Dresdner Philharmonie im Albertinum Verklungen...
mehrLicht - 14. Jul, 18:46

Lesen!

Hören!

van anderen

Niedergang auf dem Buchrücken
The expressive design of the 1946 edition of Gibbon's...
Kreidler - 19. Apr, 05:34
Rhythmen aus alten Zeiten
Zürich HB Flap (at MuDA)2016(Sound on!) pic.twitter.com/wZWdRI6AaP —...
Kreidler - 18. Apr, 05:33
Origamitanz
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram...
Kreidler - 17. Apr, 05:04
Vom Glasstapel
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram...
Kreidler - 16. Apr, 05:04
FLURFUNK-Podcast: Qualität in den Medien – was die Gesellschaft...
Teil IV unserer Podcast-Serie zu Qualität und...
owy - 15. Apr, 20:49
KI Deutschpop #13
Wie cool. Ein eigenes Lied über die #kartoffelfahrt...
Kreidler - 15. Apr, 05:24

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

stuff

PfalzStorch Bornheim Pinguin-Cam Antarktis
Conil de la Frontera
Kram Blogverzeichnis - Blog Verzeichnis bloggerei.de

Status

Online seit 6693 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:08

Credits


Dresden
hörendenkenschreiben
nuits sans nuit
Rezensionen
Weblog
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren