Dienstag, 20. August 2013

Kammermusik "aus Platzgründen"

Moritzburg Festival gastiert mit Wagner und Schubert in der Frauenkirche

Am Sonnabend war der Kirchraum der Frauenkirche so etwas wie eine Oase. Draußen tobte der bunte Lärm des Stadtfestes, doch der Sandstein hielt akustische Störungen weitgehend fern. Das gerade stattfindende Moritzburg Festival vor den Toren der Stadt hat es sich zur Tradition gemacht, neben dem Orchesterkonzert in der VW-Manufaktur auch in der Frauenkirche zu gastieren. Vor dem Altarraum platziert, stellten sich die Musiker der lohnenswerten Aufgabe, den großen Kirchenraum mit wenigen Instrumenten zum Klingen zu bringen. Gleichzeitig gelang eine erneute Wagner-Ehrung - dass der Meister allerdings trotz vieler kammermusikalischer Kleinode in seinen Opern allerdings dem Genre wenig zugeneigt war, zeigt sogar das "Siegfried-Idyll", das die Moritzburger mitbrachten. Als Geburtstagsgeschenk für Cosima von vornherein als Sinfonische Dichtung konzipiert, waren es nur Platzgründe in der Tribschener Villa in der Schweiz, die eine Kammerbesetzung des Werkes hervorbrachten.

Für die Aufführung vereinigten sich Instrumentalprofis wie Daniel Ottensamer, Benjamin Schmid, Mirijam Contzen, Benjamin Rivinius, Christian Poltéra und Helmut Branny mit jungen Musikern der Moritzburg Festival Akademie. Feinsinnig und fließend war die Interpretation, deren Sensibilität und abgestufte Dynamik das Werk niemals sinfonisch aufplusterte, sondern es fast in die Nähe viel später entstandener Werke wie Schönbergs "Verklärter Nacht" rückte.

Nur ein weiteres Werk stand auf dem Programm, das gewaltige und höchst empfindsame Streichquintett C-Dur von Franz Schubert, das mit einer Stunde Spieldauer Interpreten wie Zuhörer zu intensiver Auseinandersetzung fordert und manchen Zuhörer, der das Stück nach dem riesenhaften ersten Satz schon zu Ende wähnte, zu voreiligem Applaus verleitete. Mirijam Contzen besaß als Konzertmeisterin die gute Gabe, den großen Atem des Stückes in allen vier Sätzen durch unablässigen Spielfluss und tolle Phrasierung auszuformen. Es fiel auf, dass die ersten beiden Sätze die Extreme vermieden. Die Resignation des Adagios erscheint eben nicht endgültig, wenn man das Finale schon in die Betrachtung einbezieht. Schmid, Rivinius, Poltéra und Jan Vogler folgten da aufmerksam Contzens Intentionen und steuerten ihrerseits ansprechende Äußerungen bei.

Vermutlich war es dem Raum geschuldet, dass das außen platzierte Cello vor allem im Adagio ein wenig zu präsent war. Das Scherzo wurde zu einer unruhig pochenden Angelegenheit, bei der das Trio bereits auf einer weltentrückten Ebene verweilte. Im Rondo-Finale kehrt bei Schubert - mit Untertönen - das Licht zurück; die rasante Stretta war nahezu zur Reinigung der Ohren bestimmt und beschloss diesen intimen und sehr intensiven Kammermusikabend feurig.

Noch auf der Bühne wird gefeilt

"Lange Nacht der Kammermusik" beim Moritzburg Festival

Die rund 50 Teilnehmer der Moritzburg Festival Akademie richten traditionsgemäß den Beginn des Festivals aus, sie haben dabei ein ordentliches Pensum zu bewältigen und proben für Orchesterkonzerte und Kammermusikauftritte. Die "Lange Nacht der Kammermusik" ist einer dieser Programmpunkte und entwickelt sich langsam zum Kultkonzert. Vollbesetzt war die evangelische Kirche in Moritzburg am Mittwochabend, viele Zuhörer waren gespannt auf die jungen Talente aus aller Welt und einen Reigen kammermusikalischer Perlen. Man darf dabei nicht vergessen, dass die zwischen 18 und 28 Jahre alten Musiker sich gerade erst kennengelernt haben und auch die Stücke frisch auf's Notenpult kamen.

Im Gespräch mit den Musikern nach dem Konzert betonte Festivalchef Jan Vogler dann auch, dass man Stücke, Fähigkeiten und Besetzungen sehr kurzfristig gut einschätzen und einteilen muss. Das Publikum konnte sich davon überzeugen, dass dies in diesem Jahr wiederum gelungen war. 11 Stücke von acht Komponisten von Mozart bis Rozsa standen auf dem Programm. Ein wenig bedauern konnte man in diesem Jahr, dass es insgesamt etwas streicherlastig zuging - die "Petite Symphonie" für neun Bläser von Charles Gounod und die Fantasiestücke Opus 73 für Klarinette und Klavier von Robert Schumann waren die einzigen Werke, die in der Besetzung ein wenig Abwechslung boten.

Doch hier wie auch in den Streicherwerken durfte man sich durchweg an großer Kunst erfreuen. Fast alle Ensembles begnügten sich keineswegs damit, den Notenberg zu stemmen, sondern feilten noch in der Aufführung an intensiver Interpretation und stimmungsvollem Zusammenspiel. Das wurde gleich zu Beginn bei Haydns "Quintenquartett" aus Opus 76 deutlich - einem Werk, das so gar nicht in die freundlichen Konventionen passen will. Interessant war hier der Umstand, dass das ganze Werk erklang, aber in der Mitte die beiden Geigenspieler ausgetauscht wurden. Das kleine Experiment zeigte frappierend, wie schnell sich ein Klang und das Atmen eines Ensembles verändern kann.

Ein Mozart-Quartett, eine Sonate von Rossini mit Kontrabass und ein langsamer Satz aus Dvořáks Streichquintett gefielen ebenso wie Mozarts Duo-Satz für Violine und Viola. Mit zwei Sätzen aus dem Klavierquintett Opus 57 von Dmitri Schostakowitsch hatten sich fünf junge Musiker eine große Aufgabe gestellt; das Werk, das den dreieinhalbstündigen Abend beschloss, zeigte dann doch die Grenze von dem auf, was man in einer Sommerakademie auf die Beine stellen kann. Vom Förderverein des Festivals gestiftet, wurde am Ende wie jedes Jahr ein Akademiepreis verliehen, den das Publikum bestimmte. Man weiß aus vergangenen Jahrgängen, dass ein Werk von Schostakowitsch in der Publikumsgunst schwerlich zu überholen ist. Doch Voglers zu Beginn gegebener augenzwinkernder Hinweis, man solle sich von der Werkwirkung nicht zu sehr leiten lassen, bewahrheitete sich. Denn die mit Abstand mitreißendste Interpretation des Abends gestalteten Michael Duffett (Südafrika) und Joshua Peters (USA) mit der Sonate für 2 Violinen Op. 15a von Miklós Rózsa, dafür gab es verdient den 1. Preis (Schostakowitsch und Gounod landeten auf den Plätzen), bevor donnernder Applaus für alle rund dreißig jungen Musiker den langen, aber spannenden Abend beendete.

Traum LXIII

Ich bin in einer Kneipe und probiere die Wälse-Rufe aus der "Walküre". Ich finde mein Ergebnis gar nicht so schlecht, bin aber danach körperlich am Ende.
(Hintergrund war offenbar wirklich diese Doku)
(und für Freaks: Wääääälse!)

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