Henze und Brahms im 3. Kapell-Konzert mit Christian Thielemann
Lange warten muss man in der neuen Kapell-Saison nicht, um den neuen Chefdirigenten Christian Thielemann am Pult des Orchesters zu erleben, schon das 3. Sinfoniekonzert stand wiederum unter seiner Leitung und mit dem "Rosenkavalier" gibt er bald sein Operndebüt. Das Konzert zeigte zwei Schwerpunkte der diesjährigen Saison. Der Capell-Compositeur Hans Werner Henze wird mit Aufführungen auf der Opernbühne wie auch in Kapell-Konzerten geehrt; Johannes Brahms' sinfonische Werke ziehen ein Band durch die Sinfoniekonzerte.
Zu Beginn dirigierte Thielemann "Sebastian im Traum", ein im Untertitel "Salzburger Nachtmusik" benanntes Orchesterstück mit Bezug auf einen Gedichtzyklus von Georg Trakl. Mit etwa 15 Minuten Dauer und einem starken Bezug zur spätromantischen Tradition mag man das 2004 entstandene Werk als verspäteten Beitrag zur sinfonischen Dichtung auffassen, Henzes eigene Worte bekräftigen diesen Eindruck. Das Stück lebt von Hell-Dunkel-Kontrasten und einer eigentümlich auf der Stelle tretenden, teilweise belastenden Stimmung. Trotz Thielemanns engagiertem Eintreten für das Werk und einer durchaus farbigen Interpretation fiel das Stück beim Publikum am Sonntagvormittag durch - als pures Anhängsel zu gleich zwei gewichtigen Brahms-Sinfonien war kaum Begeisterung für Zeitgenössisches zu holen, fehlte vielleicht auch das Verständnis für die disparate, oft stockende Anlage des Werkes.
Im Nachvollzug der Interpretation der darauf folgenden 3. Sinfonie F-Dur war aber durchaus eine schlüssige Verbindung zu sehen, denn auch hier zeigt sich ein Komponist mit oft zögerlich, ja vorsichtig entwickelten Gedanken, die viel mehr einen Prozess oder eine Entwicklung zeigen denn ein Auftrumpfen klassischen Selbstbewusstseins. Thielemann zeigte ein reifes, überzeugendes Konzept, indem er die F-Dur-Umgebung eindeutig pastoral und lyrisch deutete. Dazu gehörte eine breit angelegte Exposition des 1. Satzes mit scharfen Kontrasten in der Durchführung, eine zauberhaft schlichte Demonstration liedhafter Schönheit im 2. Satz und die Ablehnung jeglicher Scherzo-Derbheit im 3. Satz.
Die Kapelle folgte seinen Intentionen mit absoluter Konzentration und war empfänglich für extrem fein angelegte Dynamik- und Temporeduzierungen, so dass sich etwa das Hornsolo im 3. Satz exquisit auf einem Piano-Teppich entfalten konnte. Brahms' sinfonischer Erstling in c-Moll erzählte nach der Pause eine andere Geschichte, nämlich die von Bezügen zu Schumann und Beethoven, vom Ringen um die sinfonische Form und von leidenschaftlichem Ideendrang. Die Interpretation war von Thielemann so sorgfältig angelegt worden, dass nach dem selbstbewussten Kopfsatz und den sehr kammermusikalisch aufgefassten Mittelsätzen die Dur-Wandlung im Finale sowohl schlüssig als auch mit den Reserven aufgesparter Kraft explosionsartig geschah.
Thielemanns Brahms zeigte sich keinesfalls als ein simpler Griff in die Repertoirekiste. "Brahms geht immer" erweist sich dann als falsch, wenn ein Dirigent in die Tiefen der Partitur eindringt und verborgene Linien, harmonische Überraschungen und unerwartete Übergänge immer im Sinne des Ganzen und ohne Detailübertreibung musiziert, damit ein Bild des Komponisten formt, das weitaus komplexer ist, als es uns die Popularität seiner Werke vorspielen mag. Genau das ist Christian Thielemann mit seiner an diesem Sonntagvormittag famos aufspielenden Staatskapelle sehr gelungen, und das macht durchaus gespannt auf den weiteren Fortgang des Brahms-Zyklus mit Thielemann.
(15.10.12)
1. Konzert der Dresdner Philharmonie im Schauspielhaus
Fünf Schritte braucht Chefdirigent Michael Sanderling, dann steht er am Pult der Dresdner Philharmonie im Schauspielhaus. Die Plötzlichkeit des Erscheinens war im Kulturpalast nicht vorhanden, da konnte man von der Bühnentür bis zum Pult fast noch einmal die erste Partiturseite innerlich durchgehen. Auch akustisch ist das Schauspielhaus natürlich ein anderer Ort - man wähnt sich optisch zwar näher am Geschehen, ist aber nicht wirklich befriedigt durch den leicht dumpfen, resonanzarmen Klang von der Bühne.
Für die Musiker kommt es hier auf Genauigkeit und Homogenität an, um einen möglichst tragfähigen Klang zu erzeugen. Mit einem spätromantischen Programm wartete das Orchester im 1. Konzert der Schauspielhaus-Reihe auf. Sergej Prokofjew ordnete fünf Sätze aus dem Ballett "Aschenbrödel"/"Cinderella" Opus 87 zu einer kleinen Suite, bei der aber durch die Handlungsabbrüche der Eindruck der Miniatur überwog, dies aber lösten die Philharmoniker mit gutem Sinn für die jeweilige Szene, mit strömendem Klang wurde der bekannte Walzer zelebriert, der "Streit" gelang mit markiertem Zugriff überzeugend.
In der Mitte des Konzertes wurde erneut ein Streiflicht auf Armenien geworfen; das Land stand in den bisherigen Konzerten thematisch schon mehrfach im Mittelpunkt. Diesmal widmete man sich dem Violinkonzert von Aram Chatschaturjan, der zwar in Georgien geboren wurde und den Großteil seines Lebens in Moskau verbracht hat, aber sich der armenischen Kultur stark verbunden fühlte. So ist auch die Folkloristik seines Violinkonzertes keine Effektenhascherei, sondern Bekenntnis des Komponisten zu seiner Tradition und Herkunft. Mit dem Solisten Mikhail Simonyan (der das Konzert auch unlängst für die CD einspielte) war ein Botschafter der armenischen Musik gefunden, der einen ganz spezifischen Klang und Zugang für das Werk fand.
Dieser immer vom Gesang und von einer leicht melancholischen Stimmung ausgehende Ansatz sprang als Funke auch schnell auf die Philharmoniker über, die Sanderling mit Temperament und Sensibilität für die großen melodischen Linien im Andante führte. Simbotyan zeigte eine packende Kadenz im 1. Satz und eine tolle Linienführung, die das Kolorit nie verleugnete - Simonyan bedankte sich für den Applaus, wie neulich schon beim Museumskonzert, mit dem "Armenischen Gebet" von Komitas. Dass "Folklore" ein weitläufiger und im Einzelfall zu untersuchender Begriff ist, zeigte auch das bekannte Schlusswerk des Konzertes: In Dvořáks 9. Sinfonie findet man viel Gefallen an der amerikanischen Kultur, aber eben auch den böhmischen Musikanten.
Sanderling gab Raum für beides, fand schöne Tempi und ließ vieles ausmusizieren. Erst das Finale bekam einen unerbittlichen, aber positiv leidenschaftlichen Zug bis hin zum letzten sauber intonierten Akkord. Kein spektakulärer, aber musikalisch intensiver und angemessener Auftakt für die Philharmoniker "unterwegs" im Schauspielhaus.
CD-Tipp: "Two Souls" Aram Chhatschaturjan, Samuel Barber, Violinkonzerte
Mikhail Simonyan / London Symphony Orchestra / Kristjan Järvi (DGG 2012)
(15.10.12)
Kontrabassklarinette mal Fünf bei den Tonlagen in Hellerau
Es wird sicher Menschen geben, die noch nie im Leben eine Kontrabassklarinette gehört haben, vielleicht auch gar nicht wissen, dass dieses Instrument existiert. Sie sind zu bedauern, dass sie den Weg ins Festspielhaus Hellerau zum Tonlagen-Festival am Freitagabend nicht gefunden haben, denn der Abend mit fünf (!) Kontrabassklarinetten war ebenso verrückt wie faszinierend. Doch so exotisch das Instrument ist, so überraschend groß war der Publikumsandrang. Und man darf gratulieren, dass in diesem Fall das so wichtige akustische Ambiente berücksichtigt und der große Saal als Spielort ausgewählt wurde. Zudem standen große Kissen für den Hörgenuss aus einer entspannten Haltung heraus zur Verfügung.
Wie aber kam es zu dem Konzert? Die Kontrabassklarinette selbst ist ja noch ein recht junges Instrument, findet sich vor allem in zeitgenössischen Ensemble- und Solowerken, aber auch in Blasorchestern und im Jazz ist sie anzutreffen. Der besonders große Tonumfang, die enormen klanglichen Möglichkeiten in raunender Tiefe, aber eben auch der sehr spezifische Höhenklang des Instrumentes sowie deren Überlagerungen mit mehreren Instrumenten reizten den Solisten Theo Nabicht, hervorragende Kollegen (in der Kontrabassklarinettenszene ist man ohnehin gut vernetzt, um plötzliche Einsätze des - eben seltenen - Instrumentes zu koordinieren) für ein Konzert zu fünft zu gewinnen. Mit 85 Minuten "Bass-Surround" wurde das Publikum beglückt.
Dass man trotz der - psychisch zumindest Beruhigung versprechenden - Tieffrequenzlastigkeit keinerlei Langeweile verspürte, lag an einem sehr intelligenten Programm, das Solo und Quintett ebenso miteinander verband wie Freies und Festgelegtes, Aufwühlendes und Sphärisches. Spaß machte das Programm also eher durch seine Klangsinnlichkeit denn durch komödiantischen Bass-Wumms, den man aus vorweihnachtlichen Meetings der Bläserklasse noch in eigener Erinnerung hat. Durch die pausenlose Verklammerung von Stücken u. a. von Marc Andre, Giacinto Scelsi und Gerard Grisey traten die Komponisten auch hinter ihre Musik zurück - die Instrumente führten den Dialog. So entstanden fernab von den intendierten Geschichten der Komponisten Bilder vor dem "geistigen Auge" - eine hoch geführte Solopassage wäre mit der Assoziation "kleine Vögel in Notlagen" noch am besten zu beschreiben, während Marc Sabats "Rameau"-Komposition in langsam-stetiger Überlagerung von drei Kontrabassklarinetten wirklich an eine gemächliche Bewegung von Walen im Ozean erinnerte.
Andere Stücke wiederum klangen wie Tiere, die noch erfunden werden müssen - eben einzigartig. Das Duo "Antiphon" von Georg Friedrich Haas erzeugte so viele Interferenzen, Resonanz- und Obertöne, dass man mindestens ein drittes Instrument im Raum vermutete, was aber nicht der Fall war. Griseys Solostück "Anubis-Nout" nähert sich dem Jazz an, auch einige Improvisationen überschritten diese Grenze mühelos; unbelastet von jahrhundertealter Geschichte ist die Kontrabassklarinette (man glaubt es bei der Größe kaum) vor allem flexibel in den Genres und Spielarten.
Begeistert war das Publikum am Ende des Konzertes nicht nur wegen der Begegnung mit einem nun gar nicht mehr so unbekannten Instrument, sondern auch wegen der unglaublichen Virtuosität von Theo Nabicht, Richard Haynes, Bohdan Hilash, Manfred Spitaler und Hans Koch, die sich am Ende in Louis Andriessens minimalistischem "Workers Union" zu atemberaubend rasanten rhythmischen Ketten zusammenfanden, getreu dem Motto: Wer atmet, verliert.
(13.10.12)
Erster "Dresdner Abend" der Philharmonie im Hygienemuseum
Wenn ein Konzertprogramm "ambitioniert" erscheint, ist das in gewissen Kreisen schon fast ein negativ besetzter Begriff. "Schwere Kost" wird da solcher Musik nachgesagt, die das Zurücklehnen nicht befördert und dem Intellekt Herausforderung bietet. Das aber ist ein reines Rezeptionsproblem und man sollte nicht die Komponisten dafür verantwortlich machen. Zwar waren zum ersten "Dresdner Abend" der Dresdner Philharmonie im Hygienemuseum die Reihen nur locker gefüllt, die überaus begeisterten Reaktionen zeigten jedoch, dass die Konzeption dieser neuen Reihe, die schon in verschiedenen Konzertformen der Vergangenheit Vorgänger hatte, Erfolg verspricht.
Konzertmeister Wolfgang Hentrich ist maßgeblich an der Dramaturgie beteiligt und setzt die gute Tradition fort, wonach ein Konzertmeister nicht nur den "Tonangeber" spielt, sondern auch kreative Impulse für die Konzerte liefert und sich der Geschichte und Dokumentation des Orchesters widmet. Für den ersten Dresdner Abend dieser Saison hatte sich Hentrich mit dem Philharmonischen Kammerorchester das Jahr 1930 und vor allem den Komponisten Othmar Schoeck vorgenommen. Dessen Oper "Penthesilea" (jüngst von der Staatsoper wiederaufgeführt) und weitere Werke wurden damals in Dresden uraufgeführt - Dirigent Fritz Busch war ein wichtiger Förderer des Schweizer Komponisten, dessen Werke heute selten gespielt werden und der allenfalls durch sein enormes Liedschaffen ein Begriff ist.
Undine Röhner-Stolle (Oboe) und Isabel Kern (Englischhorn) waren zunächst die Solisten in Schoecks Serenade Opus 27, einem kurzen, eingängigen Werk, das als Intermezzo für dessen Oper "Don Ranudo" diente. Gut aufgelegt trafen die Philharmoniker sogleich den entspannt-romantischen Ton dieses Werkes. Die weitere Musikfolge hätte durchaus einem Konzert der 30er-Jahre entsprechen können, "junge Wilde" folgten da auf Werke von spätromantisch verpflichteten Zeitgenossen. Nicht selten tobte das Publikum - besonders bei Werken von Anton Webern, Vertreter der Zweiten Wiener Schule um Arnold Schönberg. Dabei faszinieren heute dessen "Fünf Sätze für Streichorchester" durch die behutsame Konzentration auf Tonlängen und Lagen, die einen zerbrechlich wirkenden Ausdruck hervorrufen. Im Hygienemuseum war dieses Werk akustisch nicht besonders gut aufgehoben, aber die Erkundungen am Rand der Hörschwelle verrieten, dass die Philharmoniker die Komposition in Ausdruck und Dynamik sehr ernst nahmen.
Passend zu diesen Stücken gab es einen Beitrag von Paul Hindemith, dessen Konzertmusik für Solobratsche und größeres Kammerorchester Opus 48 aus unverständlichen Gründen völlig aus dem Konzertsaal verschwunden ist. Es ist ein musikantisch mitreißendes Werk, dessen Solopart (der Bratscher Hindemith grüßt mit Raffinement) halsbrecherisch virtuos gesetzt ist. Die Solobratschistin der Philharmonie Christina Biwank erstürmte diesen Notengipfel mit Können und Übersicht, brachte Eleganz in den quer durch die Tonarten schaukelnden zweiten Satz und konnte mit den sensibel begleitenden Bläsern auch die rhythmisch anspruchsvollen schnellen Sätzen sehr gut ausformen - dafür gab es einen Riesenapplaus vom Publikum.
Mit der "Suite für Streichorchester" Opus 59 von Othmar Schoeck ging es im zweiten Teil des Konzertes weiter - der Gattungsbegriff irritiert hier, wenn man an eine unterhaltende Reihungsform denkt. Markiert und schwer kam der Kopfsatz daher, bis zum Finale in etwas lichterer Dur-Umgebung kämpft sich der Tonsatz durch ein Dickicht aus Fugati und Vorhalten. Wolfgang Hentrich und seinem Ensemble gelang auch hier eine von großer Spannung getragene Interpretation. Eine schöne Abrundung erfuhr das Programm am Ende durch die Wiederholung der Serenade Opus 27 - mit dem Schoeck-Porträt gelang ein hochinteressanter, fast authentischer Einblick in die Konzertpraxis in Dresden um 1930.
(11.10.12)
Komik, Groteske und Humor beim Konzert von AUDITIVVOKAL in Hellerau
Wie ist das eigentlich mit dem Lachen? Da hüpft vor uns ein Clown auf und ab, und wir finden es runzeln nur die Stirn. Das Kind neben uns lacht sich derweil kaputt, die Oma schmunzelt leise. Lachen ist ein Urinstinkt des Menschen, viel zu selten lassen wir es in der angestrengten heutigen Zeit heraus. In Verbindung mit Musik und Bühne ist das Lachen differenzierter zu betrachten, der "gespielte Witz" erreicht den Zuhörer über die Inszenierung, durch subtile Wort- und Musikspiele des Komponisten. Das Lachen erhält Zügel, Richtung und Ausdruck.
All diese Facetten konnte man am Sonntag im Konzert des Vokalensembles "AUDITIVVOKAL" im Rahmen des Tonlagen-Festivals erleben. Das Ensemble feierte mit dem Projekt "Enkomikos" gleichzeitig seinen fünften Geburtstag und ist in Dresden auf einem sehr hohen Niveau einzigartig in der Umsetzung neuester Vokalkompositionen in der vom Solo bis zur Achtstimmigkeit variablen Besetzung. "Komik macht oder entdeckt man, Humor hat man", wusste schon Robert Gernhardt - und so konnte jeder Zuhörer die feinen Spielarten musikalischer Groteske für sich entdecken, angefangen beim "lachKaps" von Hans-Joachim Hespos, der bereits vor dem Einlass der Zuhörer für gute Stimmung sorgte.
Jubilar John Cage kam mit Ausschnitten aus den "Song Books" ebenso zu Ehren wie die "Unpolitische Rede" von Karl Valentin. Sprachwitz, Gesang, Solo und Ensemble - dafür hat Ensembleleiter Olaf Katzer eine charismatische Truppe geformt und mit Sylvia Freitag (Regie) gelang eine kammermusikalisch-stimmige Inszenierung der Stücke, die auch die Wurzeln der Musik nicht verleugnete, wie etwa die Barbershop-Atmosphäre von William Brooks "Nellie was a lady". Falk Joosts schöne Palindromkomposition "Die Liebe Tote Beileid" (Uraufführung) war in seiner bildlichen Verstrickung ganz auf den Verlauf der Musik reduziert, während Cathy Berberians Solo "Stripsody" (Maria Meckel, Sopran) den ganzen körperlich-stimmlichen Einsatz der Sängerin verlangt.
Hier wie an einigen anderen Stellen im Konzert hätte man sich eine passendere Lichtregie gewünscht, manchmal verschwomm die doch so wichtige Mimik in einem grünlichen Dämmerlicht. Carola Bauckholts "Nein Allein" war im Nebeneinander zwischen Sprachspiel und konventioneller Komposition der schwierigste Beitrag zur Komikdebatte (Komik darf auch durchaus "seltsam" sein!); mit Purcells deftig umgesetzten Madrigalen wurde dann der Beweis geführt, dass Absurdes nicht nur in unsere Gegenwart zu verorten ist. Im zweiten Teil des Konzertes stand dann als Uraufführung "kaps" von Hans-Joachim Hespos auf dem Programm.
Hier wurde Komik endgültig als genüssliche Gratwanderung exerziert und erhielt durch die klare Kompositionsstruktur und vielerlei szenische Ideen einen choreographischen Charakter: Sänger bewegten, stürzten, schwankten in wechselnden Ensembles auf der Bahn einer Komik, die zwischen improvisierter Freiheit und bestimmtem, explosivem Ausdruck pendelte. Dabei gelang hier fast eine Abstraktion, in der die vielen Gesten und Szenen wie ein Katalog menschlicher und unmenschlicher Äußerungen wirkte - absichtsvoll "kippte" mehrfach die Stimmung und die Untersuchung von Tragik/Komik, das "Alberne" und unfreiwillig Komische lag hier nah beieinander. Das alles wurde vom Ensemble konzentriert mit hervorragender stimmlicher und schauspielerischer Leistung umgesetzt und somit war für einen hervoragenden Abend gesorgt, der viel mehr Theater denn Musik war, aber dies durchweg vergnüglich.
(8.10.12)