Freitag, 24. Juni 2011

Gewaltige Wirkung

Sakrale Musik aus Frankreich im TU-Sinfoniekonzert

Ein spannendes, ungewöhnliches Programm hatten sich die Protagonisten von TU-Sinfonieorchester und TU-Chor für ihr gemeinsames Frühjahrskonzert zurechtgelegt. In vergangenen Jahren hatte man sich Musik aus England und der Schweiz gewidmet, am Sonntagnachmittag lagen in der - übrigens trotz aller Festivitäten sehr gut gefüllten - Kreuzkirche drei Partituren französischer Herkunft auf Monica Bucklands Pult. Alle diese Werke atmeten einen geistlichen Hintergrund, ohne jedoch zu tiefgründig zu sein. Kirchenmusik "light" also?

Zumindest von Georges Bizet ist zweifelsfrei festzustellen, dass er keinesfalls als bedeutender Komponist geistlicher Musik in die Geschichte einging. So fließt sein jugendlich-akademisches "Te Deum" in vier braven, durchkomponierten Teilen dahin ohne wirklich Akzente zu setzen. Das blieb der Interpretation überlassen und Monica Buckland führte mit Übersicht durch das Werk. Manuel Günther (Tenor) und Barbara Böhi (Sopran) unterstrichen in den Solopartien den lyrischen Grundcharakter des Werkes treffsicher.

Nach dieser kompakten Einleitung verschwand das gesamte Orchester auf die hintere Empore, um unter der Orgel die "Sinfonia Sacra" von Charles-Marie Widor zu begleiten, ein etwas im Schatten von Saint-Saens berühmter Orgelsinfonie stehendes Werk gleichen Genres. Solist war der Schweizer Philipp Mestrinel, der klug abgestuft registrierte, so dass das Orchester auch im forte nicht völlig verdeckt wurde. Dass die dickichtartigen Strukturen des Variationswerkes über den Choral "Nun komm der Heiden Heiland" sich nicht wirklich im Raum mitteilten, war zweitrangig zugunsten der gewaltigen Wirkung der Fuge, die auch von den Streichern plastisch umgesetzt wurde.

Krönender Abschluss des Konzertes war das "Gloria" von Francis Poulenc, wiederum ein Werk, das mit ungewöhnlicher Zeichnung eine große Atmosphäre schafft. Der TU-Chor (Einstudierung Maja Sequeira/Karl-Friedrich Winter) nahm hier noch einmal Kraft und Können zusammen - trotz der Leichtigkeit der Wirkung ist der Anspruch des Werkes nämlich nicht zu unterschätzen. Die gute Deklamation (etwa des "Suscipe") im Chor erfreute hier ebenso wie das schön ausgeformte Spiel des Orchesters, trotzdem wäre im Chor noch mehr Deutlichkeit und Genauigkeit vor allem in der gemeinsamen Klangausformung wünschenswert gewesen. Barbara Böhi konnte in ihren beiden Soli mit einem abgehangenen piano nicht mehr gefallen. Schade auch, dass der aus Zürich mitgebrachte Chor "ars cantata", dem Buckland bis 2009 als Dirigentin vorstand, nicht einmal optisch auf der Bühne auszumachen war - er diente lediglich als Verstärkung und bekam nicht die Gelegenheit, sich mit eigenem Programm vorzustellen.

Russischer Touch mit neuen Glocken

Jugensinfonieorchester des HSKD beim Benefizkonzert in der Kreuzkirche

Zum wiederholten Male war das Dresdner Jugendsinfonieorchester am Heinrich-Schütz-Konservatorium zu Gast bei den Benefizkonzerten zugunsten der Innensanierung der Kreuzkirche. Am für den ehemaligen Kruzianer Milko Kersten heimischen Ort war es dennoch eine Herausforderung, den Jugendlichen zu einem satten Orchesterklang zu verhelfen, der die Schwierigkeiten des Raumes überbrückt. Doch die zahlreichen Instrumentalisten (diesmal mit auffällig vielen Celli, während nur zwei Kontrabässe um ihr Leben spielten) bemühten sich konzentriert, das anspruchsvolle Programm gut zu interpretieren.

Alle Stücke am Pfingstsonntagnachmittag hatten solistische Beteiligung - damit verabschiedeten sich aus dem Orchester junge Talente wie der Schlagzeuger Eike Nürnberger. Andere wie die Klarinettistin Franziska Scheffler, die bereits in Lübeck studiert, kehrten gerne zu ihrem Ensemble als Solisten zurück und auch im Orchester saßen Ehemalige. Kersten verlieh dem Konzert programmatisch einen russischen Touch: Reinhold Glières Hornkonzert machte den Anfang.

Aaron Hornschild, seit 12 Jahren in der Hornklasse von Andreas Roth, überzeugte mit mächtigem Ton und einiger Virtuosität. Dem Orchester war der farbige spätromantische Satz etwas ungewohnt, Kersten zeigte die Phrasierungen deutlich, aber recht freispielen mochte sich das Orchester noch nicht. Ebenso musikalisches Neuland dürfte auch für manchen Zuhörer das Konzert für Klarinette, Viola und Orchester von Max Bruch gewesen sein. Christina Voigt und Franziska Scheffler interpretierten das lichte, lyrische Werk kundig und mit vollem Ton, das Orchester musizierte hier dicht und aufmerksam.

Schlagzeuger Eike Nürnberger hielt dann mit dem "Hummelflug" von Rimski-Korsakov das Bonbon des Nachmittags parat und beeindruckte in der Marimbaphonfassung nicht mit Geschwindigkeit, sondern mit sauberem Spiel. Den Abschluss des Konzertes bildeten Alexander Borodins "Polowetzer Tänze" aus der Oper "Fürst Igor" in einer melodramatischen Fassung, die Milko Kersten auf Basis des von Rainer Maria Rilke ins Deutsche übertragenen "Igor-Liedes" selbst erstellt hatte.

Trotz schöner Deklamation der beiden Hochschul-Gesangsstudenten Elisabeth Auerbach und Daniel Müller (Sprecher) blieb der Eindruck des blutrünstig-wortschwangeren Heldenepos zwiespältig. Obwohl Kersten durch die Hinzufügung des Textes den historischen Urgrund der Oper beleuchtete, wurde die musikalische Faktur der Tänze zerschnitten und zumindest darf man Zweifel hegen, ob die Schlachtopfer am Ufer des Don wirklich die jugendlichen Musiker und Zuhörer interessieren. Schön allerdings, dass das Heinrich-Schütz-Konservatorium nun mit geballter Fördervereinskraft ein neues Röhrenglockenspiel anschaffen konnte, das mit diesem Stück und einer kernigen Zugabe von Fried Walter eingeweiht wurde.

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