Ostrale - Eindrücke
Noch bis zum Sonntag ist die Ostrale 010 auf dem Schlachthofgelände an der Messe in Dresden geöffnet - man glaubt ja kaum, dass die Ostrale erst seit 2007 stattfindet, so sehr hat sie sich zum Schaufenster internationaler Kunst gemausert und so gut wird sie auch vom Publikum angenommen. Das Pfund der Ostrale ist ider Kunst-Raum innerhalb des Schlachthofgeländes. Charme versprühen die Futterställe nicht mehr, stattdessen scheinen sie der ideale Ort für zeitgenössische Kunst zu sein, die sich manchmal an bzw. in den Räumen regelrecht entzündet. Wenn es gar um Körperlichkeit oder Fleisch(es)Kunst geht, ist der Weg zu Objekten und Installationen nicht weit. Anderes atmet den Kontrast, findet die Nische oder seinen Frei-Raum.
In diesem Jahr gab es für mich nur zwei recht kurze Besuche, dennoch will ich auf einige Künstler hinweisen - zum Erinnern, aber vielleicht auch, um die Aufmerksamkeit zu fördern. Im Gesamtüberblick fällt die Ausgewogenheit zwischen den Genres auf, es ist für jeden etwas dabei und für Reibung ist gesorgt. Ein Raum in der Fettschwemme lädt zum Schmunzeln ein, der nächste beängstigt, ein dritter langweilt, der vierte erregt. So möchte ich Ausstellungen immer erleben.
[Alle hier gesetzten Links laden übrigens zum Stöbern und Kennenlernen der Künstler ein]
Musikalisches findet man auch, und diesmal waren die Töne der Ostrale eher entspannend: Michael Petermann von Weisser Rausch hatte bereits im letzten Jahr eine wunderschöne Orgel-Installation (hier ein kleiner Ausschnitt) im Sozialtrakt - nun wartete sein "Blödes Orchester" gar nicht blöd zur vollen Stunde mit einer Sinfonie auf. Küchenmaschinencharme der 60er und 70er zum Klingen gebracht.
Martin Müller (CH) wartete mit einer Installation aus Glaskörpern auf, die ebenfalls orgelähnliche Harmonien in eine Halle entluden. Hingegen ein optischer wie akustischer Alptraum die Kuckucksuhrenwand von Stephanie Hotz.
Eine 5,2m lange Posaune kreierte Dennis Tan und überließ dem Zuschauer die Klangvorstellung.
Weniger eindeutig war die Installation von Einautis Markunas, zu dessen Schuhen im Mehl etwas unmotiviert nebenher zeitgenössische Kammermusik erklang.
Wer zu gute Laune hatte, konnte sich draußen auf dem Hof von Benoit Maubreys "Rap Fields" beschimpfen lassen: Esshohl und Fukiou als Lautmalerei.
Und hier noch ein paar Hinweise auf starke Kunst:
- Sabrina Bautz an Crewdsons Inszenierungen gemahnende Fotos
- Michel Boekhoudt mit kräftigen Acrylbildern (siehe Website)
- Serge Cloots verstörende Facebook/youtube-Installation
- Giacomo Costas Unterwasser-Szenarien, die mich stark an Dusolliers Kurzfilm Obras erinnern
- Elke Daemmrichs phantasievolle, farbenfrohe Malerei
- Katrin Hanuschs rotierende Sonnenschirme
- Judith Heinsohns kraft- und gefühlvolle Installation, die auch Angst machte
- Ebenso angreifend herznah war die Fotoserie "Le grand voyage" von Christian Roosen, die einem kein Entrinnen läßt. Ein Besuch der Website lohnt sich, es sind hervorragende Momente und fotografische Erzählungen.
Es wäre noch viel mehr Gutes und Spannenes zu nennen, aber mit dieser Auswahl will ich es bewenden lassen.
Und auch das darf nicht fehlen: enttäuscht war ich von Kunstwerken, die als allererstes den Gedanken aufkommen ließen, "das ist ja genau wie..." - bestes Beispiel Jeffrey Isaacs Bush-Politmalerei, da ziehe ich Fabian Marcaccios documenta-Wand vor, die 2004 viel zeitnaher und heftiger wirkend war. Und zum Gähnen sind auch die ewig wiederkehrenden Raumirritationen in Form von Beulen, künstlich aufgerauten oder gelöcherten und verschobenen Wänden (Marten Schech). Dann doch bitte das Leben schichten, wie Veronika Schneider es in ihren Atemnot verursachenden Schichtungen überzeugend vormacht. Auch den von m.gitjes/bobok mit Texten, Bildern und Collagen vollgestopften Raum findet man auf fast jeder Kunstausstellung, nur der Künstler heißt jedesmal anders. Dass sich hinter dem bobok-Raum diesmal ein Schrei nach Liebe verbarg, nimmt man dann leider kaum noch wahr, denn die Schreierei steht zu sehr im Vordergrund.
Hat noch jemand Lust auf eine Partie Schach mit Martin Werthmann? Nicht?
Dann freuen wir uns auf die nächste Ostrale.
In diesem Jahr gab es für mich nur zwei recht kurze Besuche, dennoch will ich auf einige Künstler hinweisen - zum Erinnern, aber vielleicht auch, um die Aufmerksamkeit zu fördern. Im Gesamtüberblick fällt die Ausgewogenheit zwischen den Genres auf, es ist für jeden etwas dabei und für Reibung ist gesorgt. Ein Raum in der Fettschwemme lädt zum Schmunzeln ein, der nächste beängstigt, ein dritter langweilt, der vierte erregt. So möchte ich Ausstellungen immer erleben.
[Alle hier gesetzten Links laden übrigens zum Stöbern und Kennenlernen der Künstler ein]
Musikalisches findet man auch, und diesmal waren die Töne der Ostrale eher entspannend: Michael Petermann von Weisser Rausch hatte bereits im letzten Jahr eine wunderschöne Orgel-Installation (hier ein kleiner Ausschnitt) im Sozialtrakt - nun wartete sein "Blödes Orchester" gar nicht blöd zur vollen Stunde mit einer Sinfonie auf. Küchenmaschinencharme der 60er und 70er zum Klingen gebracht.
Martin Müller (CH) wartete mit einer Installation aus Glaskörpern auf, die ebenfalls orgelähnliche Harmonien in eine Halle entluden. Hingegen ein optischer wie akustischer Alptraum die Kuckucksuhrenwand von Stephanie Hotz.
Eine 5,2m lange Posaune kreierte Dennis Tan und überließ dem Zuschauer die Klangvorstellung.
Weniger eindeutig war die Installation von Einautis Markunas, zu dessen Schuhen im Mehl etwas unmotiviert nebenher zeitgenössische Kammermusik erklang.
Wer zu gute Laune hatte, konnte sich draußen auf dem Hof von Benoit Maubreys "Rap Fields" beschimpfen lassen: Esshohl und Fukiou als Lautmalerei.
Und hier noch ein paar Hinweise auf starke Kunst:
- Sabrina Bautz an Crewdsons Inszenierungen gemahnende Fotos
- Michel Boekhoudt mit kräftigen Acrylbildern (siehe Website)
- Serge Cloots verstörende Facebook/youtube-Installation
- Giacomo Costas Unterwasser-Szenarien, die mich stark an Dusolliers Kurzfilm Obras erinnern
- Elke Daemmrichs phantasievolle, farbenfrohe Malerei
- Katrin Hanuschs rotierende Sonnenschirme
- Judith Heinsohns kraft- und gefühlvolle Installation, die auch Angst machte
- Ebenso angreifend herznah war die Fotoserie "Le grand voyage" von Christian Roosen, die einem kein Entrinnen läßt. Ein Besuch der Website lohnt sich, es sind hervorragende Momente und fotografische Erzählungen.
Es wäre noch viel mehr Gutes und Spannenes zu nennen, aber mit dieser Auswahl will ich es bewenden lassen.
Und auch das darf nicht fehlen: enttäuscht war ich von Kunstwerken, die als allererstes den Gedanken aufkommen ließen, "das ist ja genau wie..." - bestes Beispiel Jeffrey Isaacs Bush-Politmalerei, da ziehe ich Fabian Marcaccios documenta-Wand vor, die 2004 viel zeitnaher und heftiger wirkend war. Und zum Gähnen sind auch die ewig wiederkehrenden Raumirritationen in Form von Beulen, künstlich aufgerauten oder gelöcherten und verschobenen Wänden (Marten Schech). Dann doch bitte das Leben schichten, wie Veronika Schneider es in ihren Atemnot verursachenden Schichtungen überzeugend vormacht. Auch den von m.gitjes/bobok mit Texten, Bildern und Collagen vollgestopften Raum findet man auf fast jeder Kunstausstellung, nur der Künstler heißt jedesmal anders. Dass sich hinter dem bobok-Raum diesmal ein Schrei nach Liebe verbarg, nimmt man dann leider kaum noch wahr, denn die Schreierei steht zu sehr im Vordergrund.
Hat noch jemand Lust auf eine Partie Schach mit Martin Werthmann? Nicht?
Dann freuen wir uns auf die nächste Ostrale.
Rezensionen mehrLicht - 17. Sep, 21:12
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