Dienstag, 22. Dezember 2009

Hahn, Goerne, Schaefer & ein frohes Fest!

Nein, es ist noch nicht Weihnachten. Und das Album "Violin and Voice" von Hilary Hahn, Matthias Goerne und Christine Schaefer erscheint auch leider nicht Heiligabend, sondern erst im März. Allerdings gibt es einen kleinen Video-Appetizer auf Facebook. Hat ja auch lange genug gedauert, das Warten auf eine neue Platte von Hilary Hahn. Also bitteschön.

Das ist gleichzeitig die kleine Weihnachtsgabe an alle Leser hier.
Ich komme die nächsten Tage wohl kaum mehr zum Schreiben, daher hier ein frohes, gesundes, friedliches Weihnachten an alle da draußen. Danke fürs Lesen, fürs viele Feedback, Kommentare, Hilfe und Freundschaft.

a.k.

Prinzip Leichtigkeit

Jan Vogler und Martin Stadtfeld spielen Bach

Johann Sebastian Bach - Gambensonaten
Jan Vogler, Martin Stadtfeld, sony classical


Bach im Spiegel der Moderne - zumindest das Cover der neuen CD von Jan Vogler und Martin Stadtfeld erzeugt eine solche Assoziation, wenngleich man im Vorübergehen die Platte eher im Schlagerfach vermuten würde: vor einer Paillettenwand blicken die Musiker, die sich auch weit über das Moritzburg Festival hinaus immer wieder als Kammermusikpartner schätzen, leger in die Kamera. Zu einem Charts-Renner werden sich die Gambensonaten von Johann Sebastian Bach jedoch kaum entwickeln, zu filigran und speziell ist die Faktur dieser drei Sonaten, die überdies sofort die Frage nach dem "richtigen" Instrument aufwirft. Vogler spielt sein Montagnana-Cello von 1721, Stadtfeld begleitet auf dem modernen Flügel. Die Wahl des Instrumentes gehört schon zur Interpretation, die Legitimierung findet man zumeist bei Bach selbst - schließlich ist bei vielen Werken die genaue Besetzung und die Erstfassung nicht immer geklärt. Vielfach ist es ja auch eine Nuance, die zu einer neuen musikalischen Qualität führt, das lehrt uns die Bach-Rezeption in erfrischender Weise. Vogler und Stadtfeld versuchen für die Gambensonaten BWV 1027-1029 einen Klang zu erzeugen, der wieder zurückweist auf die Tradition mit Gambe und Orgel/Cembalo. Die Frage bleibt offen, ob das nun ein moderner Zugriff auf Bach sei. Luftig und gesanglich ist das Spiel der beiden jederzeit, birgt aber in der konsequenten Leichtigkeit auch einige Gefahren. Vogler ist nicht immer präsent genug mit dem Cello, während man bei Stadtfeld auf den Moment wartet, wo neben transparenter Linienführung und einer leicht romantisierenden Andante-Vorstellung auch einmal der Zacken in die Sonaten getrieben wird - harmonische und melodische Besonderheiten gibt es ja genug. Doch die Leichtigkeit wird zum Prinzip und vermutlich liegt hier das Credo dieses musikalischen Aufeinandertreffens. Selten wird ein einmal eingeschlagenes Tempo verlassen und so sind vor allem die Allegro-Sätze vorwärtsorientiert, besonders die Schlussfuge von BWV 1028 beeindruckt. Die kleine und doch oft hochartifizielle Kunst des Choralvorspiels stellen Vogler und Stadtfeld auf dieser CD ebenfalls vor, acht ausgewählte und bearbeitete Choräle erreichen den Zuhörer zumeist wie schlichte Kirchenlieder. Vom Pomp des Covers ist man nun denkbar weit entfernt und insgesamt dürfte diese CD auch eher für eine entspannte Stunde sorgen.

Der Poet am Klavier

Arcadi Volodos' Debüt bei der Staatskapelle Dresden

1972 in St. Petersburg geboren, zählt der als „Genie am Klavier“ gefeierte Arcadi Volodos zu den herausragendsten Pianisten unserer Zeit. 1987 begann er seine Ausbildung in St. Petersburg, setzte sie dann in Moskau, Paris (Jacques Rouvier) und Madrid (Dmitri Bashkirov) fort. 1997 sorgte sein erstes Album mit von Volodos selbst geschriebenen Transkriptionen für Aufsehen und wurde vielfach ausgezeichnet. Seitdem arbeitet er mit führenden Orchestern und Dirigenten in aller Welt zusammen.1999 wurde sein Carnegie-Hall-Debüt veröffentlicht. Seine letzte CD mit Werken von Franz Liszt erhielt den Diapason d’Or und den Echo Klassik. Bei der Staatskapelle Dresden gastierte Arcadi Volodos zum ersten Mal und stellte das 2. Klavierkonzert von Johannes Brahms vor.

Alexander Keuk sprach nach einer Probe mit dem Pianisten.

Arcadi Volodos, Sie gastieren zum ersten Mal bei der Staatskapelle Dresden, wie war die Probe eben?

Es ist noch etwas früh, etwas zu sagen - die erste Probe ist immer eine Annäherung, man spricht über Tempi, das ist ein gegenseitiges Kennenlernen zwischen Solist und Orchester.

Ist es etwas Besonderes für Sie, mit der Staatskapelle zu musizieren?
Für mich ist jedes Konzert ist etwas besonderes, etwas sehr wichtiges. Hier ist der Klang des Orchesters sehr schön.

Sie werden oft als Poet am Klavier bezeichnet. Welche Geschichte erzählen Sie uns mit dem Klavierkonzert von Brahms?
Eigentlich kann man das nicht in Worte fassen. Jeder Moment, jede kleine Linie in diesem Werk hat seine eigene Botschaft, eine seelische Bedeutung. Das ist das schöne an der Musik, dass sie ohne Worte auskommt. Das kann man sogar mit Meditation vergleichen, es gibt einen bestimmten Status, an dem die Worte unwichtig sind. Man muss nicht fassen können oder erzählen müssen, was man genau da fühlt.

Inwieweit haben Sie in Ihrer Vorbereitung einen festen Plan vom Stück und wo entstehen Dinge im Konzert neu? Nutzen Sie diese Art von interpretatorischer Freiheit bewusst aus?
In der Vorbereitung habe ich natürlich sehr konkrete Vorstellungen von den Farben, von den Nuancen und Tempi des Werkes, aber wenn man die Bühne betritt, kommt noch Inspiration dazu und dann entstehen auch neue Dinge. Es gibt auch Nuancen, die kann man gar nicht vorbereiten, die geschehen einfach auf der Bühne, das muss man zulassen.

Sie haben früher Werke bearbeitet und transkribiert, ihre erste CD mit Transkriptionen wurde berühmt - was macht für Sie den Reiz dieser Bearbeitungen aus?

Ich schreibe immer noch Transkriptionen, man kann sie nicht mit den früheren vergleichen, aber ich mag z. B. sehr gerne Vokalmusik und in letzter Zeit habe ich Lieder für das Klavier transkribiert. Es geht mir dabei gar nicht so sehr um die Virtuosität der Stücke, sondern sehr viel mehr um die Polyphonie, um die Vielstimmigkeit der Klänge und Tonalitäten, das interessiert mich. Die Geschwindigkeit spielt doch keine Rolle. Das Publikum sollte den Pianisten vergessen, es sollte sich von den vielen Gefühlsmomenten der Musik forttragen lassen. Der Flügel klingt doch wie ein ganzes Orchester, und in den Transkriptionen werden die Klangfarben geradezu räumlich.

Also steht auch selbst im romantischen Brahms-Konzert nicht der Pianist im Mittelpunkt?

Die Musik ist genialer als es jeder einzelne Interpret sein kann.

Ist Ihnen dann die Virtuosität dann gar nicht so wichtig? Ihre letzte CD besteht ausschließlich aus Werken von Franz Liszt...
An Liszt fasziniert mich seine Religiösität, seine Mystik, nicht seine Virtuosität. In den Momenten der Virtuosität entsteht ein Energieschub, diesen genieße ich sehr. Es ist eine Art Temperament, das dann entsteht.

Ist Arcadi Volodos ein Perfektionist? Ist man zufrieden nach einem Konzert, nach der Erarbeitung eines Werkes?
Das gibt es nicht, man findet nie was man sucht, sonst könnte man gleich den Klavierdeckel zumachen, es geht immer weiter. Man entwickelt sich doch auch als Mensch immer weiter. Man braucht diese Unzufriedenheit, dass man noch nicht erreicht hat, was man eigentlich wollte, dann geht man einen Schritt weiter. Auch die Interpretationen verändern sich ja mit der Zeit.

Sie spielen relativ selten mit Orchester, ist das eine besondere Herausforderung oder sind Sie lieber alleine mit dem Flügel auf der Bühne?

Ich habe jetzt viel Brahms gespielt. Generell spiele ich lieber ein Recital als ein Klavierkonzert. Das liegt daran, dass die Klangpalette des Flügels in einem Recital noch viel größer und nuancenreicher ist. Im Klavierkonzert muss man oft auf den Klang des Orchesters eingehen.

Ihre neue CD wird im Januar erscheinen; die Aufnahme des Wiener Recitals vom Mai 2009 enthält Werke von Skrjabin, Ravel, Schumann und Liszt. Wie gehen Sie bei der Dramaturgie eines solchen Programmes vor, die Komponisten sind ja stilistisch nicht gerade eng beieinander?

Genau das war das Spannende an diesem Klavierabend, Ravel und Skrjabin zu vereinen oder im zweiten Teil zu erforschen, was die Schumann „Innigkeit“ nennt und dies wiederum in Kontrast zu Liszt zu setzen. Ich wollte in diesem Klavierabend die verschiedenen Welten zeigen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Neue CD: Volodos in Vienna - Werke von Skrjabin, Ravel, Schumann, Liszt, ab 15.1.2010 im Handel, auch als DVD und Blu-Ray.

mehrLicht

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