Montag, 12. Juni 2006

György Ligeti ist tot

Einer der großen Komponisten des 20. Jahrhunderts verläßt die Bühne. Für mich war Ligeti immer ein "Musikant" - die rhythmische Vitalität, Spiel-Freude und das akkurate Ausmalen der Erzeugung musikalischer Emotion war ihm zu eigen. Selten habe ich soviel Freude und Entspannung bei neuer Musik gehabt wie bei einer Aufführung des Klavierkonzertes 1988 in Wuppertal. Auch die beiden Streichquartette sowie "Lux Aeterna" und "Lontano" (das ich noch gelungener als die bekannten "Atmosphères" finde) haben tiefen Eindruck hinterlassen, aber auch die nur vermeintlich "kleinen" Werke, etwa die Stücke für Bläserquintett, das irisierende "Continuum" für Cembalo oder die äußerst vertrackten Klavieretüden sind meisterlich. Merkwürdig, dass viele Gazetten nun Kubrick als Aufhänger für den Artikel herbeiziehen. Dass der Ligetis Musik verwendete, hat dem Komponisten weder Ruhm gebracht, noch wird damit der Rang Ligetis für die zeitgenössische Musik beschrieben. Ich erinnere mich aber auch an Interviews, wo Ligeti ziemlich kantig auftrat und gegen Politik, Kollegen und Gesellschaft wetterte. Bei seiner von Höhen und Tiefen geprägten Biografie kein Wunder und umso bewundernswürdiger, das spezifisch "Eigene", die musikalische Überzeugung in der Musikwelt zu vertreten.
Nachrufe finden sich u.a. bei der FAZ und bei Schott.

Dresden versus Rom

Weber und Respighi im 9. Zykluskonzert der Philharmonie

Das letzte Zykluskonzert der Dresdner Philharmonie fand im Rahmen der Dresdner Musikfestspiele statt und wurde vom Chefdirigenten Rafael Frühbeck de Burgos geleitet. Der Dresdner Schwerpunkt der Thematik fand mit Carl Maria von Webers Musik einen vortrefflichen Abschluss, das Publikum lernte zwei weniger bekannte Werke des Komponisten kennen. Aus der zu Unrecht vergessenen Oberon-Musik erklang die Ouvertüre. In dem kurzen Stück waren reichlich farbige Klangbilder verborgen, die die Philharmoniker mit Sinn für Akkuratesse formten. Frühbeck de Burgos setzte dabei auf ein natürliches, fließendes Klangbild. Die beiden Klarinettenkonzerte von Weber sind heute kaum bekannt, dabei gelten sie als frühes Meisterbeispiel für Virtuosenmusik im 19. Jahrhundert und sind bis heute nicht nur Prüfsteine für junge Musiker, sondern überdies voller Brillanz und melodischem Reichtum. Sharon Kam demonstrierte den Rang des 2. Konzertes in absolut begeisternder Weise. Die israelische Klarinettistin fand zu einem Spiel, in welchem jede Melodie zu betörendem Gesang geriet, vor allem der 2. Satz erzählte Geschichten über Einsamkeit und Melancholie. Man konnte sich in der warmen Klangfarbe, die Kam ihrem Instrument verlieh, regelrecht verlieren, atemberaubende Koloraturen in den Ecksätzen gelangen leicht und wunderbar ausgestaltet. George Gershwins "Summertime" als Zugabe veranlasste die Philharmoniker bargerechtem Backgroundspiel, bei welchem Sharon Kam die dynamischen Möglichkeiten am Rande des Verstummens der Klarinette optimal ausnutzte. Nach der Pause ging es nach Italien. Ottorino Respighis "römischer Trilogie" widerfährt ein ähnliches Schicksal wie Ravels "Bolero": vom Komponisten nach der Niederschrift abgelehnt wurden es Repertoirestücke mit unzähligen Konzerten und Aufnahmen bis zur heutigen Zeit. Respighis Werke verlangen große Sorgfalt, die farbige Instrumentation ist nicht "nebenher" zu erzeugen. So fehlte bei Frühbecks recht flotten Tempi in den "Fontane di Roma" der Zauber der Melodik zu Beginn. Mehr Freiheit im Tempo und vor allem eine völlige Zurücknahme von herausstechenden Stimmen wäre hier wünschenswert gewesen, der Mut zu extrem leisen Musizieren würde in diesem Werk mit sehr feinen, schwebenden Klangerlebnissen belohnt, darauf wartete ich vergeblich. Zu Recht pompös kamen die "Pinien von Rom" daher, der finale Marsch mit aller Dezibelkraft stellte für die Philharmoniker kein Problem dar, doch zu Beginn des Werkes ("Pini di Villa Borghese") konnte man einzelne Musiker fast zählen hören, das wirbelnde Bild war noch nicht fertig zusammengesetzt und hatte sich nicht freigespielt. Frühbeck de Burgos überfuhr das Lento zu Beginn der "Katakomben" im Tempo, die tolle Stimmung mit dunklen Streicherfarben war daher schon vorbei, als sie kaum angefangen hatte. Trotz fantastischer Orchesterfarben und einem sehr schönen Klarinettensolo im 3. Satz blieben hier manche Wünsche offen.

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