Donnerstag, 16. April 2015

Sofia Gubaidulina zu Gast in Dresden

Vielgestaltiges Porträt mit Kammermusik und Vokalsinfonik

Sie ist unbestritten eine der großen musikalischen Stimmen unserer Zeit und man darf es schon als Glück bezeichnen, dass in Dresden nun fast eine Woche lang ihr facettenreiches Werk vorgestellt wird: die russische, seit über zwanzig Jahren in Deutschland lebende Komponistin Sofia Gubaidulina ist die aktuelle Capell-Compositrice der Sächsischen Staatskapelle.



Gidon Kremer hat ihr 2. Violinkonzert bereits zur Saisoneröffnung interpretiert und wird im Juni auch ihr erstes Konzert "Offertorium", mit dem sie weltweit bekannt wurde, spielen. Ab heute gilt das Augenmerk ihrer Kammermusik und einer oratorischen Uraufführung. Dabei ist Gubaidulina, veranstaltet vom Verbund KlangNetz Dresden, zunächst in der Hochschule für Musik präsent.

Dresdner Musikstudenten haben fast ein halbes Dutzend ihrer Kammermusikwerke einstudiert und werden diese nun gemeinsam mit der Komponistin in zwei von Jörn Peter Hiekel moderierten Porträtkonzerten (Donnerstag und Freitag, Konzertsaal der Hochschule für Musik, jeweils 19.30 Uhr) interpretieren - zur Aufführung gelangt dabei auch das erst 2014 zu den Schostakowitsch-Tagen Gohrisch uraufgeführte "So sei es" für Violine, Klavier, Kontrabass und Schlagzeug.

Viele Werke von Sofia Gubaidulina spüren einem außermusikalischen Anlass, einer menschlichen Haltung oder einem geistlichen Thema nach. Ihr im Rahmen der Residenz bei der Kapelle entstandenes neues vokalsinfonisches Werk "O komm, Heiliger Geist" für Solisten, Chor und Orchester wird am Sonnabend im Kapell-Konzert in der Frauenkirche (20 Uhr) uraufgeführt und ist in das Kirchenjahr eingebettet: Die Säulen der Komposition bilden, mit ritualhaften Wiederholungen, die eröffnende Pfingst-Antiphon "O komm, Heiliger Geist" und der erste Vers aus dem zentralen Gebet des heiligen Augustinus "Atme in mir, du Heiliger Geist".

Die musikalische Leitung dieses neuen Werkes liegt in den Händen von Andres Mustonen, einem engen künstlerischen Weggefährten von Sofia Gubaidulina, dem die Komponistin das Werk gewidmet hat. Die Solopartien werden von Sophie Karthäuser (Sopran) und Georg Zeppenfeld (Bass) übernommen, es singt der MDR Rundfunkchor Leipzig.

Mustonen ist auch der Dirigent des Aufführungsabends der Staatskapelle am 20. April um 20 Uhr in der Semperoper. Im Rahmen dieses Konzertprogramms wird Sofia Gubaidulinas "Warum?" für Flöte, Klarinette und Streichorchester als Deutsche Erstaufführung erklingen, die Solisten sind Sabine Kittel (Flöte) und Christian Dollfuß (Klarinette). Nach Auskunft der Komponistin ist diese Komposition ein Variationswerk, das in der Beschäftigung mit dem Thema Schmerz und dem vielsagenden Titel, der einen ganzen Fragenraum eröffnet, geradezu dramatisches Potenzial in sich birgt.

Alle Veranstaltungen mit Sofia Gubaidulina:
* KlangNetz Dresden
* Staatskapelle Dresden

Zwischen Idyll und Höllentrip

Prokofjew, Glière und Strawinsky mit der Dresdner Philharmonie

Einen ganzen Abend lang ging es russisch zu im Albertinum und das hatte einen guten Grund: Dmitri Kitajenko war als Dirigent zu Gast bei der Dresdner Philharmonie. Das Publikum konnte schon mehrfach seine Interpretationen mit russischen Repertoire erleben - Kitajenko arbeitet gern mit dem Orchester zusammen. Programmatisch widmete sich der in Leningrad geborene, seit 1990 erfolgreich im Westen tätige Dirigent drei Komponistenhandschriften den 20. Jahrhunderts. Obwohl die Entstehung der Stücke von Sergej Prokofjew, Reinhold Glière und Igor Strawinsky zusammen gerade einmal einen Zeitraum von 20 Jahren umfasst, hätte der Höreindruck unterschiedlicher nicht sein können.

Während die Kosmopoliten Prokofjew und Strawinsky in Frankreich die neuesten Kunstströmungen aufsaugten, hatte der bis heute auch selten gespielte Reinhold Glière mit solcherlei Trends wenig am Hut - in der Nachbarschaft der beiden fast revolutionär neutönerischen Werke bildete dessen 1938 entstandenes Harfenkonzert den ruhigen Mittelpunkt des Konzertes. Dem französischen Harfenisten Xavier de Maistre - derzeit wohl unbestritten weltweit einer der herausragenden Meister dieses Instrumentes - blieb es vorbehalten, daraus einen Lichtpunkt zu entwickeln, was ihm auch mit absolut flexiblem, sinnlich-souveränem Spiel gelang. De Maistre formte die lyrischen Themen differenziert aus und hatte für jedes noch so offenherzig virtuose Element des Werkes eine liebevolle Ausformung parat. Dazu begleitete Kitajenko mit dem Orchester luftig und ließ so dem Solisten viel Raum zur Entfaltung. Gegenüber der Komposition blieb am Ende doch der Eindruck eines aus der Zeit gefallenen, künstlichen Idylls bestehen. Kitajenko hatte die 3. Sinfonie c-Moll von Sergej Prokofjew an den Beginn des Konzertes gestellt und damit die etwas bequemere Zuhörvariante gewählt, denn Strawinskys beliebte "Feuervogel"-Suite endet zumindest deutlich triumphaler als die Sinfonie, die im vorletzten Akkord mit einem Aufschrei eher das Ende eines Höllentrips heraufbeschwört.

Man möchte dem Programmheft gerne widersprechen, wenn dieses Stück als Meisterwerk tituliert und dafür nur eine "überraschende Gewichtung der Ecksätze" angeführt wird. Experimentell und zuweilen ambivalent ist das Gefüge des Stücks geraten - so haderte Prokofjew hier mit der Zweitverwertung der Motive einer zum Zeitpunkt der Sinfonie-Niederschrift nicht aufgeführten Oper und der Findung einer eigenen Handschrift zwischen jugendlichem Irrwitz und traditionellen Wurzeln. Dabei geschieht Überraschendes: während der erste Satz sich selbst fast mit bemühter Kontrapunktik erschlägt, sind die fast aphoristischen Mittelsätze in ihrer Farbigkeit sinfonische Perlen, bevor die Sinfonie mächtig und düster ausklingt. Kitajenko arbeitete mit der Dresdner Philharmonie zwar differenziert und das Stück schien sorgfältig vorbereitet, dennoch hätte bei seiner etwas geradlinigen Lesart hier und da der emotionale Pegel stärker ausschlagen dürfen. Damit ist weniger die Lautstärke gemeint als vielmehr eine intensivere Zeichnung der Sätze, die in dieser Aufführung eher blockhaft, manchmal gar nur skizziert anmutete.

Ähnliches gilt für die Interpretation der Ballettsuite "Der Feuervogel" von Igor Strawinsky, mit der das Konzert endete. Toll waren die einzelnen Bilder dargestellt und der Höllentanz Kastscheis saß auf den Punkt genau. Der Teufel lag in der Suite im Detail, wo einige Inhomogenitäten in Übergängen, Intonation und Artikulation zusammenkamen, die den insgesamt doch sehr ambitionierten und vor allem spannenden Eindruck dieses Konzertes etwas schmälerten.
(13.4.15)

Traum CI

Befinde mich im Gespräch mit ihr und verweise auf die Bände 8, 9, 10. Sie findet das "kalt". Ich schaue mir Zimmerbelgungspläne an und suche ihren Namen.

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