Samstag, 16. August 2014

Ostrale - "Good Night"

2009, 2010 und 2013 habe ich bereits über die Ostrale berichtet. Ich werde auch dieses Jahr die Ostrale besuchen, allerdings gibt es zum kompletten Ausstellungsbesuch dieses Jahr einen kleinen Prolog: ich habe bei einer Performance der Ausstellung mitgemacht. 2009 gab es schon einmal eine Mitwirkung meinerseits, bei Rob Sweeres "Silent Sky" durfte man auf dem Boden liegend den Himmel betrachten. Nicht viel mehr Fähigkeiten bedurfte es in diesem Jahr - zum Liegen kam das Schlafen hinzu.


Was vom Schlafe übrigblieb.

Su jeong Shin-Goldbach, eine Künstlerin aus Korea, die in Düsseldorf lebt, hat ihre Performance "Good Night" schon mehrere Male realisiert - es gibt auch ein youtube-Video der Nürnberger Aufführung. Daher wusste ich ungefähr, was mich erwartet und mit "vier Stunden schlafen" war die Tätigkeit des "Performers" auch umfassend beschrieben. In Dresden waren acht "Schläfer" zugegen, neben mir noch sieben Frauen, was aber keinesfalls statistische Aussagen darüber erlaubt, ob die Herren der Schöpfung sich sonnabends lieber im Baumarkt oder beim Fußball aufhalten.

Denn Schlaf ist wertvoll und man kann ihn auf diese Weise auch mit Leidenschaft zelebrieren - Shin-Goldbach sprach vor der Performance von einer Art Tanz, ein choreografisches Objekt also, das sich aus der Wälzerei unserer acht Körper im sorgsam arrangierten schlafsaalähnlichen Bettenquader ergab. Ich bin daher auch auf Fotos und Video gespannt, mein einziges gibt nur das "Danach" wider.

Schwierig war, die Schlaferei in den Tagesrhythmus einzupassen - ich bin kein Mittags-Nap-Fan und hatte die Nacht davor passenderweise super geschlafen. Nach der kurzen Einweisung ging es zu den Betten und jeder kämpfte mehr oder weniger mit Morpheus Launen. Ich kann nur für mich berichten, ich habe von den vier Stunden etwa zwei fest geschlafen und die anderen zwei mehr im Halbschlaf (Dösen) mit Wahrnehmung des Außen zugebracht, dazu gehörten auch einige kräftig prasselnde Regenschauer, klickende Kameras von Besuchern und deren Schritte sowie hin und wieder einige Wortfetzen. Trotzdem gelang es mir prima, mich darauf nicht zu sehr zu konzentrieren, aber auch nicht das Schlafen als "müssen" zu empfinden. Auf diese Weise gelang mir eine locker-bewusste Entspannung, zudem fühlte ich mich in Umgebung der anderen Schläferinnen mit gleicher Aufgabe und im großen Raum voller Kunst (eine gewisse Aura ist dem Ostrale-Ort nicht abzusprechen) recht wohl.

Zeit verfloss, ohne dass ich eine rechte Ahnung hatte, wie lange ich nun da lag, ich muss wohl auch kurz vor vier wieder wach geworden sein und nahm dämmernd die Wecker wahr, die alle dabeihatten und die auf 16 Uhr eingestellt waren - nicht dass wir noch dort übernachten... Das Zurückfallen in die Wachheit war dann vielleicht am Ungewöhnlichsten - es standen Besucher im Raum, die uns als "Objekte" beobachteten beim langsamen Aufstehen, schon vorher hatte ich bemerkt, dass manche auch recht nah an den Betten vorbeigingen um auch zu checken, ob wir wohl "echt" seien.

Alles in allem hat es Spaß gemacht, es wäre noch einmal interessant, "Good Night" als unvoreingenommener Besucher zu sehen. Ist es intim, komisch, interessant, Fremden beim Schlafen zuzusehen? Oder sind wir da gar entmenscht, weil wir Teil einer Installation sind? Interessante Fragen bleiben.

p.s. Mein Traum-Blog bleibt heute ohne Fortsetzung. Es war wohl zu aufregend, um intensiver träumen zu können.

Überambitioniert.

Gastspiel des "Oxfordshire County Youth Orchestra" in der St. Pauli-Theaterruine

In den Sommerferien dürfen sich die Musiker der großen Profi-Orchester von der Saison erholen. Anders ergeht es da vielen musizierenden Jugendlichen - die Ferien werden genutzt, um an Musik-Projekten und Orchesterfreizeiten teilzunehmen. So konnte das Dresdner Publikum am Dienstagabend ein Gastspiel des britischen "Oxford County Youth Orchestra" erleben - das einem deutschen Landesjugendorchester vergleichbare Orchester befindet sich gerade auf einer einwöchigen Sommertour durch Deutschland.

Die St. Pauli-Theaterruine bot das stimmungsvolle Ambiente für das Konzert, wenngleich akustische und klimatische Grenzwerte erreicht wurden, die Hörern wie Musikern die Sache nicht leichtmachte. Angesichts eines ambitionierten Programms überlegte man bereits zu Beginn des Konzertes, wie die gut 100 jungen Musiker unter solchen Bedingungen damit zurechtkommen würden. Leider muss man resümieren: es ging derartig viel schief, dass man an die Leiter des Orchesters appellieren möchte, diese Art von Jugendförderung einer Überarbeitung zu unterziehen.

Ein Programm mit der Rosenkavalier-Suite von Richard Strauss (Fassung von Artur Rodziński), der sinfonischen Dichtung "Pini di Roma" von Ottorino Respighi und der 5. Sinfonie d-Moll von Dmitri Schostakowitsch ist in dieser Abfolge auch für ein Profi-Orchester "nicht ohne". Hier werden beträchtliche Lautstärkepegel erreicht, die aber Dirigent John Traill offenbar als wesentlichen und wirkungsvollsten Gehalt der Musik missdeutete. Mit dem Raum kam er ebensowenig klar wie seine tapferen Jugendlichen, deren Können sehr unterschiedlich ausgeprägt war. Genau aus diesem Grund entstanden in allen Stücken große Probleme: kein Akkord wollte sich zurechtfinden, Intonation und technisches Vermögen glichen einer Achterbahnfahrt. Ansätze von Interpretation blieben zumeist auf der Strecke - die Jugendlichen hatten genug mit der Bewältigung des Notenberges zu tun.

Mutig stürzten sich die jeweils ersten Musiker ihres Instrumentes in ihre Soli: motivierend auf alle dürfte sich etwa das große Solo der ersten Klarinettistin im 3. Satz der "Pini di Roma" ausgewirkt haben, auch das Flötensolo im Kopfsatz der Schostakowitsch-Sinfonie war sehr fein gespielt. Der erste Satz des Respighi-Stücks gelang wohl insgesamt am besten. Doch solche Höhenflüge hielten meist nur bis zu Partiturabschnitten, wo eine ganze Instrumentengruppe anstelle eines notierten Tones gleich fünf verschiedene präsentierte. Laut Programmheft liegt der Schwerpunkt des Orchesters in der Durchführung von Werken für große Besetzungen. Durch viele Verdoppelungen (in allen drei Werken waren etwa sechs Flöten und ganze sieben Trompeten besetzt) wurden allerdings lediglich Defizite kaschiert und die Werke erscheinen entstellt. John Traill dirigierte meist ruhig und bedächtig - er gab aber auch oft nach, so dass sich Tempoverschleppungen einstellten.

Einige wohl gut geprobte Walzer-Stellen in der "Rosenkavalier-Suite" von Strauss liefen merklich flüssiger durch. Sommerlich-leichte Stimmung ließ sich an den Gesichtern der Orchestermusiker kaum ablesen: Hochspannung, Anstrengung und teilweise betretene Mienen waren zu beobachten - angesichts eines Projektes, das sie hoffnungslos überforderte. Warum gibt man den Jugendlichen nicht Werke an die Hand, mit denen sie ein gemeinsames Erfolgserlebnis kreieren können? So kann man nur hoffen, dass den 14- bis 21jährigen Jugendlichen die Freude an der Musik trotzdem erhalten bleibt. Dass nach Schostakowitschs düster-fatalistischer 5. Sinfonie sofort der Radetzky-Marsch von Johann Strauss als scheppernde Zugabe gegeben wurde, bestätigt leider die Vermutung, dass man hier kaum tiefer in die Musik eindringen wollte, als es angesichts der Hürden möglich war.

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